Essen. In der Debatte ums gebührenfinanzierte Privatfernsehen prescht der Vorsitzende von ProSiebenSat.1, Thomas Ebeling, nach vorn. Dabei geht es nicht nur um neue Einnahmequellen für die Sender. Es steht die Frage im Raum, wie das Medienangebot in Deutschland künftig finanziert werden soll.

Not macht erfinderisch. Die Werbekrise trifft die Privatsender mit voller Wucht. Deshalb hat der Vorsitzende von ProSiebenSat.1, Thomas Ebeling, vordergründig eine Debatte über neue Geldquellen für das private Fernsehen angestoßen. Dahinter steht jedoch eine viel weitergehende Frage: Wie soll das Medienangebot in der Republik künftig finanziert werden? Eines ist bereits jetzt klar: Die Zeche zahlen die Zuschauer.

Auch RTL will Pay-TV ausbauen

„Seit Jahren gehören Pay-Angebote zu unserer Gruppe. Seit 2006 betreiben wir erfolgreich digitale Spartenkanäle wie RTL crime. Auch im Internet gibt es mit RTL now zum Teil kostenpflichtige Angebote”, erklärt Christian Körner, Sprecher bei RTL. Der Anteil der Pay-Angebote soll ausgeweitet werden, um unabhängiger von der Werbung zu werden, so Körner.

So müssen sich Zuschauer auf weitere Kosten einstellen. Ab dem 1. November strahlt RTL ein neues digitales Angebot über den HD-plus-Standard aus. Im Januar folgt ProSiebenSat.1. Im ersten Jahr bleibt das Angebot der beiden großen Privaten kostenlos, wie Satellitenbetreiber Astra erklärte. Anschließend müssen die Zuschauer zahlen. Um HD plus empfangen zu können, müssen besondere Receiver angeschafft werden. Zudem wird eine Gebühr fällig. Eine HD-plus-Karte soll 50 Euro im Jahr kosten.

Ob das über Kabel und das Überallfernsehen DVB-T verbreitete Angebot von ProSiebenSat.1 frei empfangbar bleibt, ließ Ebeling offen. Eine Garantie mochte er nur bis 2014 abgeben. Er wolle beobachten, wie sich die Werbemärkte entwickeln.

"Fernsehen ist zu billig"

Die Landesmedienanstalt (LfM) NRW hält Ebelings Vorstoß nur bedingt für legitim. „Sollte ProSieben Sat.1 Teile aus dem Kabelangebot verschlüsseln, bringen sie ihren Status in Gefahr”, erklärt Peter Widlok, Sprecher der LfM. Konkret heißt das: Die LfM könnte ProSieben Sat.1. aus dem Kabel verbannen. Dennoch hat man auch bei der LfM Verständnis für die Probleme der Sender. Für LfM-Chef Norbert Schneider ist klar: „Das Fernsehen in Deutschland ist im weltweiten Vergleich zu billig.”

Das sehen alle Fernsehmacher so. Kein Wunder, dass sie hoffen, dass ihnen eine wie auch immer geartete Fernsehgebühr mehr Einnahmen beschert. Wenn man das, wie zurzeit in der Diskussion, in eine Mediengebühr umbenennt, würde man vielleich auch ein wenig mehr Transparenz im Gebührendschungel schaffen. Von umgerechnet 20 Euro pro Haushalt geht der medienpolitische Sprecher der Grünen im NRW-Landtag aus. Oliver Keymis: „Das wären zwei Euro mehr als heute.”

Die Öffentlich-Rechtlichen lässt die Diskussion bisher kalt. Die ARD etwa sieht keine Probleme darin, wenn Privatsender im Internet oder in Digitalkanälen neue Geschäftsmodelle ausprobierten, sagte ihr Sprecher Harald Dietz. Das überrascht kaum. So lässt das ZDF seit kurzem die Rezepte der Sendung „Lanz kocht” von einem Softwareunternehmen kostenpflichtig für iPhones anbieten. Not macht eben erfinderisch.