München. ProSiebenSat.1 braucht Geld. Der hoch verschuldete Fernsehkonzern denkt deshalb laut über neue Einnahmequellen nach. Ob in Zukunft auch Gebühren für das Programm erhoben werden, das lässt der Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1, Thomas Ebeling, offen. Bis 2014 bleibe es aber kostenlos.

Der hoch verschuldete Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 will langfristig weitere Einnahmequellen erschließen. Seine Free-TV-Sender sollen aber auf absehbare Zeit auch weiterhin kostenlos sein. Dies werde zumindest bis 2014 der Fall sein, sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Ebeling am Mittwoch in München am Rande der 23. Medientage. «Danach gucken wir, wie sich die Werbemärkte entwickeln», fügte er hinzu. Deutschland bleibe «im Prinzip ein Free-TV-Markt». Bei den Medientagen, die am Mittwoch eröffnet wurden, waren neue Erlösmodelle für private Verlage und Fernsehsender eines der Hauptthemen.

Mehr Spartenkanäle gegen Bezahlung

Bis 2014 will der Münchner TV-Verbund rund 30 Prozent seiner Einnahmen außerhalb der Werbung erzielen. Das wäre doppelt so viel wie jetzt. Es gehe zunächst darum, aus dem umfangreichen Programmangebot noch mehr Spartenkanäle zu generieren, sagte Ebeling. Seit 2006 hat der ProSiebenSat.1-Konzern bereits die beiden Pay-TV-Sender «Sat.1 Comedy» und «kabel eins classics» auf Sendung. Es gebe aber noch nichts Entsprechendes für ProSieben, sagte Ebeling. Außerdem seien Angebote für Mobil- und Kabelnetzbetreiber möglich. All dies solle aber »in kleinen Schritten« geschehen, kündigte er an.

Im »Handelsblatt« hatte Ebeling zuvor gesagt, das Unternehmen müsse vom Werbemarkt unabhängiger werden. «Für die Zukunftsfähigkeit des Konzerns ist es enorm wichtig, dass wir Beziehungen zu den Endkunden aufbauen, etwa über Pay-TV, Video-on-Demand oder andere Geschäftsmodelle.» Die Zeitung schrieb, das Unternehmen plane, für bisher frei empfangbare Sender wie ProSieben, Sat.1 oder Kabel 1 von den Zuschauern eine Nutzungsgebühr zu verlangen.

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Michael Konken sagte, das Beispiel von Sky und früher Premiere habe gezeigt, dass «nur wenige Fernsehzuschauer» bereit seien, für private Fernsehangebote zu bezahlen. «Die Folge wäre wahrscheinlich ein dramatischer Zuschauerschwund und infolge dessen ein deutlicher Rückgang bei den Werbeeinnahmen.» Die seit langem bestehenden Finanzierungsprobleme der Senderfamilie würden so nicht gelöst, sondern verschärft.

"Weg von der Gratiskultur"

RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt mahnte unterdessen: «Wir müssen weg von der Gratiskultur.» Auch ZDF-Intendant Markus Schächter, dessen Sender hauptsächlich über Gebühren finanziert wird, zeigte Verständnis dafür, dass die Privatsender sich in Richtung Pay-TV orientieren. Der Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, Jürgen Doetz, sieht zu Bezahlfernsehen keine Alternative. «Entweder wird's pay oder pleite», sagte er.

Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Wolf-Dieter Ring, sieht dies auch als Lösungsweg für die Verlage. Deren Situation sei «bedrohlich». Doch öffentlich-rechtliche Angebote wie tagesschau.de unterliefen mit kostenlosen Internetangeboten die möglichen neuen Erlösmodelle der Verlage im Netz. Ring rief die Verlage dazu auf, geschlossen auf Paid-Content-Konzepte zu setzen.

Der Hauptredner der Eröffnungsveranstaltung der Medientage, der Philosoph und Autor Richard David Precht, sprach von einer staatlichen oder gesellschaftlichen Verantwortung für das Überleben von Leitmedien. In der Finanzkrise seien «systemrelevante Banken» gerettet worden. Nun stelle sich Frage nach der Zukunft von «systemrelevanten Massenmedien». (ddp)