Mainz. . ZDFkultur lösen den piefigen Theaterkanal ab. Los geht es am Samstag. Mainzelmann Gottfried Langenstein zerstreut Befürchtungen, das Programm gehe zu Lasten von Arte und 3sat. Auch die Netz-Kultur soll eine wichtige Rolle spielen.
Am Samstag startet der neue Digitalkanal ZDFkultur. Er löst den staubigen Theaterkanal ab. Gottfried Langenstein, beim ZDF für europäische Satellitenprogramme zuständig, erläuterte Jürgen Overkott das Konzept der ZDFneo-Schwester.
Welchem Kulturbegriff ist der neue Sender verpflichtet?
Gottfried Langenstein: Mit der digitalen Netzwelt erleben wir eine Renaissance der Popkultur in ganz neuem Sinne. In den Sechziger Jahren erreichte die Popkultur erstmals alle Bevölkerungsschichten, als tiefgreifende Veränderung des Lebensgefühls aber letztlich für uns als Rezipienten. Heute im Netzzeitalter der kommunikativen Plattformen, wird der Rezipient selbst zur Avantgarde. Und wir sind Zeugen auf Youtube, Myspace, Facebook und Twitter, in welcher Breite humorvolle, intelligente, künstlerische Entwürfe ans Licht kommen. An der Gestaltung unseres modernen Kulturverständnisses nehmen alle teil. Genau diesem Phänomen widmet sich ZDFkultur.
Wie unterscheidet er sich von seinem Vorgänger zdf.theaterkanal?
ZDFkultur wendet sich der neuen frischen Kulturwelt zu, die durch das Wirken vieler in der Netzwelt entsteht. Hier interessieren nicht die großen Namen, sondern der Erfindungsreichtum, der Humor, die intelligente Raffinesse der jungen Akteure. Ein Sender, der zum Mitmachen einlädt. Junge Moderatoren in einem ungewöhnlichen künstlerischen Design, das bis in die Sendungen hineinwächst.
ZDFkultur betrachtet seine Inhalte aus einer subjektiven Perspektive. Das Spielerische und Unbekannte als Kulturform zu entdecken und kreativ daran zu partizipieren, macht den Kern des Markenverständnisses von ZDFkultur aus.
Wie unterscheidet er sich von 3sat und Arte?
3sat sorgt mit seinem Schwerpunkt „Kultur, Wissen und Wissenschaft“ gerade in der zunehmenden Fülle der digitalen Angebote für Orientierung, Bewertung und Klarheit, gibt Ansporn sich mit anspruchsvollen kulturellen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Themen zu befassen. 3sat ist die intellektuelle Plattform des Fernsehens, mit Kulturzeit, nano, hitec, makro, Wissen aktuell und scobel. Darin leistet der Sender für das Niveau unserer Debatten und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft Entscheidendes.
ARTE verbindet den deutschen mit dem romanischen Kulturraum. Darüber hinaus haben wir assoziierte Mitglieder und Koproduktionspartner aus Polen und dem skandinavischen Raum. Das gibt dem Sender eine europäische und globale Perspektive. Über Frankreich haben wir wegen der kolonialen Vergangenheit auch einen tieferen Zugang zur afrikanischen Welt und zur Welt des Islams. Außerdem ist ARTE ein zentraler Förderer des Europäischen Films und von Nachwuchsautoren.
Beides sind Leistungen, die von ZDFkultur nicht ersetzt werden wollen, noch können.
Wie jung darf, wie jung muss die neue Marke sein?
Natürlich darf der Sender jung sein. Es geht aber nicht um das Alter, es geht um das jung sein im Geist. Frisch und offen für das Neue, das man selbst mit gestaltet. Wir haben den Sender bewusst ZDFkultur genannt, um zu zeigen, dass für die neue Netzkultur und ihre Mitspieler der Begriff sich mit einer neuen Spannung und ungewöhnlichen Inhalten auflädt. Kultur wird im Netz wieder etwas ganz Modernes.
Wie will das ZDF die neue Marke bekanntmachen?
Wir machen natürlich im Hauptprogramm an prominenter Stelle auf den neuen Kanal aufmerksam, mit Trailern und Hinweisen. Es wird eine Kampagne in Kinos geben. Und als Netzkultursender setzen wir selbstverständlich auch auf das Internet und seine sozialen Netzwerke. Da sind die User, die sich für ZDFkultur interessieren – und dort können sie in das Programm einsteigen.
Welchen Marktanteil strebt das ZDF mittelfristig an?
Unser Ziel ist es, ein neues Publikum für das ZDF zu gewinnen: junge, netzaffine Zuschauer. Für sie sind Internet und Fernsehen keine getrennten Welten, sondern gehören zum unerschöpflichen Pool jederzeit verfügbarer, audiovisueller Medien. Der Marktanteil hängt nachhaltig von dem Umstieg der analogen Haushalte auf die digitale Welt ab. Mit der Abschaltung der analogen Satellitenverbreitung wird es einen Schub geben. Aber auch gute Marken wollen etabliert sein. Insofern bin ich zufrieden, wenn wir in den ersten Jahren die Schwelle von 0,3 Prozent überschreiten.