Essen. . Es hagelt massive Kritik an der geplanten Online-Videothek von ARD und ZDF. Der Hauptkritikpunkt: Der Gebührenzahler würde für dieselben TV-Inhalte gleich zweimal zur Kasse gebeten. Der Bund der Steuerzahler fürchtet zudem eine Erhöhung der Rundfunk-Gebühren.

Der Protest gegen die Gründung einer eigenen kostenpflichtigen Online-Videothek der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender wächst. Der Bund der Steuerzahler bewertet die Pläne als überflüssig. „Wir sehen den Online-Expansionsdrang von ARD und ZDF generell kritisch“, sagt Vizepräsident Reiner Holznagel gegenüber DerWesten.

„Es gibt genügend private Anbieter, die qualitativ hochwertige Informationen im Netz anbieten. Das Argument der Öffentlich-Rechtlichen, mit Gebührengeldern die Internetqualität sichern und verbessern zu wollen, ist also hinfällig.“ Zu allem Überfluss jetzt noch zusätzliche Gelder über eine kostenpflichtige Online-Mediathek einnehmen zu wollen, ginge eindeutig zu weit, so Holznagel.

Dass ARD und ZDF im Ausgleich für die Zusatzeinnahmen die Rundfunk-Gebühren senken werden, wie dies einige Kritiker fordern, hält der Bund der Steuerzahler indes für unwahrscheinlich. Im Gegenteil: „Wir sehen eher die latente Gefahr von Gebühren-Erhöhungen. Das ist mit aller Entschlossenheit abzulehnen“, sagt Holznagel. Er fordert vielmehr von den öffentlich-rechtlichen Sendern, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren.

„Es ist eine Frechheit“

Massive Kritik hagelt es auch von Verbandsvertretern in Berlin. „Es ist erstaunlich, mit welcher Nonchalance ARD und ZDF dieses Projekt angehen. Es scheint, als wären drei Jahre Debatte darüber, was mit den Mitteln der Gebührenzahler im Netz finanziert werden darf, spurlos an ihnen vorübergegangen“, klagte etwa Guido Brinkel, Medienexperte des Verbandes der Internetwirtschaft Bitkom gegenüber Welt Online. Dadurch entstehe eine massive Wettbewerbsverzerrung gegenüber privaten Anbietern, die Content teuer einkaufen müssten. „Es ist eine Frechheit, jetzt noch einmal Geld für Archivmaterial kassieren zu wollen, für das die Gebührenzahler bereits gezahlt haben“, wettert auch Jimmy Schulz, Medienexperte der FDP und Obmann im Unterausschuss Neue Medien im Bundestag.

Bereits 2012 wollen ARD und ZDF mit der Online-Videothek an den Start gehen. Das hat ZDF-Intendant Markus Schächter vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Financial Times Deutschland (FTD) angekündigt. Die Zuschauer sollen sich gegen eine Gebühr „Qualitätsinhalte aus 60 Jahren deutscher Fernsehgeschichte“ herunterladen. Es gehe um die Perspektive, großes Geld im Bereich Video-on-Demand zu verdienen, sagte Schächter zur FTD.

Kritiker hoffen auf Einschreiten des Bundeskartellamtes

Ein ähnliches Vorhaben von Pro 7, Sat. 1 und Pro 7 ist im Februar am Einspruch des Bundeskartellamts gescheitert. Die Begründung: Die gemeinsame Plattform der Privatsender würde deren marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter verstärken. Kritiker hoffen jetzt darauf, dass die Wettbewerbshüter auch diesmal einschreiten werden. „Das Argument der Marktmacht, das das Kartellamt vorgebracht hat, dürfte für ARD und ZDF allemal gelten. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Pläne bei den Wettbewerbsschützer in Bonn aufmerksam beobachtet werden“, sagt Holznagel vom Bund der Steuerzahler.

In der kommenden Woche wird sich das Bundeskartellamt voraussichtlich zu der Sache äußern, teilte ein Sprecher der Behörde gegenüber DerWesten mit.