Köln. . Der WDR-Rundfunkrat übt sich in Selbstkritik. Das TV-Programm, schrieb das Gremium Senderchefin Monika Piel ins Stammbuch, erreicht junge Leute nur unzureichend.

Das Votum war einmütig. Auch sprachlich verzichtet es auf die weit verbreiteten diplomatischen Floskeln. Der Rundfunkrat fordert nach einem Werkstattgespräch des Programm-Ausschusses deutlich mehr Programm für junge Gebührenzahler – gerade im Fernsehen.

Die Publikumsanalyse des Gremiums: Das junge Publikum zählt durchweg zur Generation Digital.

Positiv bewertet der Rundfunkrat den Erfolg des WDR-Hörfunks in der jungen Zielgruppe, 1 Live vorne weg. Die Onlineangebote und Podcasts beispielsweise von „Quarks & Co.“ werden ebenfalls wahrgenommen und genutzt, heißt es weiter.

Das Fernsehprogramm hingegen erhält jenseits der Info-Schiene und des comedy-orientierten „Tatortes“ aus Münster zumeist schlechte Noten. Zunächst steht die Ausstrahlung nach festen Zeiten den Sehgewohnheiten junger Leute entgegen, die als Nutzer digitaler Medien gewohnt seien, Programmangebote zeitunabhängig wahrzunehmen.

„Mangelhaftes Unterhaltungsangebot“

Der Rundfunkrat kritisiert „ein mangelhaftes Unterhaltungsangebot für ein jüngeres Publikum“ zur besten Sendezeit. Zudem moniert er „fragwürdige Platzierungen von Spielfilmen und Dokumentationen in der Nacht“. Obendrein fehle eine Talk-Sendung für ein jüngeres Publikum mit Themen aus der Zielgruppe. Und: „Einzelne Sendungen, die sich auch an ein jüngeres Publikum im Fernsehprogramm des WDR/der ARD richten, werden im linearen Programm nur sehr schwer aufgefunden.“ Serien im WDR-Fernsehen oder im Ersten wirken laut Rundfunkrat oft „verstaubt und altbacken“.

Ausdrücklich missbilligt der Rundfunkrat das Bestreben des Senders, junge Themen in Spartenkanäle abzudrängen. So platziert das ZDF seit Oktober 2009 Programme für die Zielgruppe der 30- bis 45-Jährigen in den Digitalkanal ZDFneo. Einem ähnliches Konzept folgt der digitale ARD-Kanal EinsFestival.

Der Rundfunkrat empfahl der Sender-Leitung um Intendantin Monika Piel eine stärkere Zusammenarbeit von EinsFestival und 1 Live.

Junge Gebührenzahler nicht ausschließen

Der Rundfunkrat begründet seine Position mit dem Hinweis, der WDR müsse, wie alle öffentlich-rechtlichen Sender, Programm für alle Gebührenzahler machen, darunter eben auch junge. „Um diesem Programmauftrag in allen Zielgruppen gerecht zu werden, muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk Angebote auch für jüngere Menschen anbieten, selbst dann, wenn dies auf Kosten der Gesamtquote geht.“ Der Rundfunkrat verweist mit Blick auf Medien-Studien darauf, dass ein Publikum, das mit Privatfernsehen aufgewachsen ist, nicht im späteren Alter automatisch zu öffentlich-rechtlichen Angeboten zurückkehre.

Um junges Publikum zu gewinnen und halten, müsse das Markteting des WDR die Eigenwerbung „zielgruppengerechter und offensiver zu gestalten“.

Programm-Blöcke

Eines allerdings erstaunt an der Stellungnahme: Zwar fordert der Rundfunkrat mehr junges Programm am Hauptabend. Von einem sogenannten Audience Flow – mehrere aufeinander folgende Angebote für eine bestimmte Zielgruppe – ist jedoch nicht die Rede. Hintergrund: Junge Formate wie die hoch gelobte „heute-show“ im ZDF könnten deutlich mehr Erfolg beim Publikum haben, wenn die Mainzelmänner das Programm auch vor der Nachrichten-Satire auf die Fernseh-Jugend zuschnitten. Das Publikum bleibt nämlich einem Sender treu, wenn ihm das Programm gefällt, dass er beim Einschalten des Fernsehers sieht. Eine vereinzelte Programmierung lässt indes befürchten, dass neues Publikum nicht gewonnen werden kann, die Stamm-Zuschauer indes wegzappen.