Mainz. . ZDF-Chef Markus Schächter geht. Als Favorit für seine Nachfolge gilt Programmchef Thomas Bellut.

ZDF-Intendant Markus Schächter (61) steht für eine dritte Amtszeit nicht zur Verfügung. „Zehn Jahre ist die richtige Zeitspanne“, erklärte der Medien-Manager am Dienstag in Mainz. Seine Amtszeit endet am 14. März kommenden Jahres. Als Favorit für die Nachfolge gilt Programmchef Thomas Bellut (55).

Zu den Gründen sagte Schächter: „Es ist meine persönliche Überzeugung und mein Amtsverständnis, dass Spitzenpositionen in Top-Unternehmen nur in klarer Befristung erfolgreich ausgeübt werden können.“ Der gebürtige Pfälzer fügte hinzu, den Vorsitzenden des Fernsehrats und des Verwaltungsrats sei seine Position „seit langer Zeit“ bekannt. Über seine konkrete Entscheidung habe er sie mit einem Brief vom Montag vorab informiert.

Schächters Schritt überrascht Branchen-Kenner nicht. Der „Spiegel“ berichtete vor kurzem, dass der konservative Intendant zuletzt vor allem bei denen an Rückhalt verloren hatte, die ihn ins Amt gehievt hatten: bei konservativen Strippenziehern in den ZDF-Gremien. Sie machten ihn dafür verantwortlich, dass der Fall Brender zu einem Politikum wurde.

Schächter hätte im Fall Brender zum Held werden können

Zur Erinnerung: Der damalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), bis März dieses Jahres einschließlich auch Vize im Verwaltungsrat, hatte sich im Februar 2009 gegen eine Vertragsverlängerung von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender (62) ausgesprochen. Koch argumentierte vor allem mit dem angeblich sinkenden Publikumszuspruch der 19-Uhr-Ausgabe der ZDF-Nachrichten „heute“.

Kochs letztlich erfolgreicher Vorstoß führte zu einer Kontroverse um den direkten Zugriff der Politik auf das ZDF. In diesem Jahr entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob das ZDF-Staatsvertrag in seiner jetzigen Form bestehen bleibt. Branchenkenner erwarten, dass das oberste Gericht der Republik Änderungen erzwingt, die den Einfluss der Politik auf den Sender eindämmen. Hätte Schächter damals den Bettel hingeworfen, stünde er in der Mediengeschichte als Held da.

Er kam als Kompromiss-Kandidat

Dass es je zu einem derartigen Eklat wie bei Brender kommen würde, war 2001 alles andere als abzusehen. Schächter war als Kompromisskandidat zum Senderchef auf dem Lerchenberg gewählt worden. Er wuchs mit seinen Aufgaben. 2005 wurde er mit nur einer Gegenstimme im Amt bestätigt – „dem besten Ergebnis, das ein Intendant in der Geschichte des ZDF je erreicht hat“, wie der scheidende Intendant stolz notierte.

Ob er dieses Ergebnis hätte wiederholen können – daran zweifelte der schlaue Fuchs offenbar, dem ein gutes Gefühl für Stimmungen nachgesagt wird. Experten glauben zwar, dass Schächter auch ein drittes Mal gewählt worden wäre. Nach dem Brender-Debakel hatte er jedoch deutlich an Autorität verloren.

Das digitale Zeitalter hat bei ZDFneo schon begonnen

Dennoch kann Schächter eine beachtliche Bilanz ziehen, wie der NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann (SPD), zugleich ZDF-Fernsehrat, am Dienstag feststellte. „Er hat das ZDF gut aufgestellt für die Herausforderungen der nächsten Jahre“, sagte Eumann dem Nachrichtenportal „DerWesten.de“. Eumann findet Schächters Rückzug „schade“.

Schächter stabilisierte den Sender finanziell. Zudem machte er sich dafür stark, das Programm der Mainzelmänner auch digital zu verbreiten. Er glaubt, dass sich der TV-Markt mit der Abschaltung des Analog-Signals im kommenden Jahr weiter aufsplittert. Zu diesem Zeitpunkt soll nach seinen Vorstellung bereits ein junger Digital-Kanal erfolgreich im Markt eingeführt sein. Deshalb drückte er den seit November 2009 empfangbaren Kanal ZDFneo („Mad Men“, „30 Rock“) mit großem Aufwand in den Markt.

Mediathek macht TV-Beiträge abrufbar

Wichtig war Schächter auch der Internet-Auftritt der Mainzer. Er besorgte sich juristische Rückendeckung für seine Pläne. Dabei ging es ihm vor allem um die Mediathek des Senders. Dort sind Sendungen auch nach der Ausstrahlung im Fernsehprogramm abrufbar. Derzeit wird dieses ZDF-Angebot großflächig beworben.

Schächter war wegen seines besonnenen Auftretens innerhalb und außerhalb des Senders geachtet. Zugleich haftete ihm genau deswegen der Ruf an, wenig durchsetzungsstark zu sein.

Der scheidende Senderchef erwartet, dass sich sein Nachfolger vorranggig darum kümmern muss, die ZDF-Familie im digitalen Markt zu positionieren. Außerdem müsse er die Verschmelzung von Netz und TV im Blick haben.

„Wetten, dass..?“ und Schleichwerbe-Vorwürfe

Der Intendant wird gemäß ZDF-Staatsvertrag vom 77-köpfigen Fernsehrat für fünf Jahre in geheimer Wahl gewählt. Erforderlich sind die Stimmen von mindestens drei Fünftel der Mitglieder. Als Favorit gilt Programmdirektor Thomas Bellut. Der gebürtige Osnabrücker stellte bereits vor der Jahreswende die Programmschwerpunkte des Senders vor. Er hatte sie weitgehend mitbestimmt.

Bellut selbst mochte sich auf Anfrage des Nachrichtenportals „DerWesten.de“ nicht äußern, ob er kandidieren wolle. Tatsächlich bewies Bellut, konservativ wie Schächter, in den letzten Wochen Geschick. Er sorgte maßgeblich dafür, dass „Wetten, dass..?“ nach dem fatalen Unfall vom Sebastian Koch am 4. Dezember vorigen Jahres in Düsseldorf abgebrochen wurde. Zudem bereinigte er Schleichwerbe-Vorwürfe, die letztlich einem anderen galten: seinem Chef.