Essen. . „Baron zu Guttenberg dankt ab – Volk wütend, Politik blamiert?“ - der überraschende Rücktritt des Barons ließ Sandra Maischbergers TV-Gäste spekulieren. Zu Gast: Bild-Redakteur Nikolaus Blome, Historiker Arnulf Baring und Michel Friedman.

Der Rücktritt von Karl Theodor zu Guttenberg als Verteidigungsminister kam trotz aller Spekulationen überraschend. Wie sich gestern bei „Menschen bei Maischberger“ mit dem Thema „Baron zu Guttenberg dankt ab – Volk wütend, Politik blamiert?“ zeigte, wirft Guttenbergs Entscheidung mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Vielleicht war sie sogar der Anfang einer Legendenbildung.

Jetzt verstehen die Fachleute und Selbstdarsteller dieser Nation nicht mehr, wie es so weit kommen konnte. Warum tritt der Verteidigungsminister zurück, obwohl er die Kritik an seiner Doktorarbeit und seiner Person zuvor so beharrlich ausgesessen hatte? War dieser Schritt dem Vergehen angemessen? Darauf wussten sogar die Talkgäste bei Sandra Maischberger keine Antwort. Und das, obwohl die meisten von ihnen, wie beispielsweise Bild-Redakteur Nikolaus Blome, Historiker Prof. Dr. Arnulf Baring oder der Rücktrittsbefürworter Michel Friedman, in den vergangenen Wochen mehrfach ihre Meinung zu dem Thema vor laufenden Fernsehkameras kundtaten.

„Er hatte ein völlig falsches Pathos“

Völlig verwirrt wirkte Arnulf Baring. „Ich war doch froh, dass wir den Mann hatten“, betonte er überschwänglich. Dann aber, als Auszüge aus Guttenbergs Abtrittsrede eingespielt wurden, schüttelte er empört den Kopf: „Er hatte ein völlig falsches Pathos“, meinte der Historiker zur These des scheidenden Ministers, dass der Wirbel um seine Person die toten Soldaten in Afghanistan in den Hintergrund dränge. Dann aber betonte Baring wieder: „Er war eine Legende und er bleibt eine Legende.“ Und Legenden brauchen eben einen großen Abgang.

Dabei hatte gerade Michel Friedman vor einer falschen Legendenbildung gewarnt. Er sprach Guttenberg, dem „Ankündigungsminister“ sogar ab, in seiner Zeit als Politiker irgendetwas erreicht zu haben. Das Recht, über den ehemaligen Minister zu urteilen, gesteht sich Friedman offenbar zu. Er selbst kennt sich mit Rücktritten schließlich aus. Trotz seiner fruchtbaren Thesen übermannte den Moderator dann aber doch der Drang, seiner eigenen Stimme zu lauschen. Stellenweise konnten selbst die anderen gebildeten Studiogäste Friedman offenbar nicht mehr folgen.

Glamour-Faktor wird zum Verhängnis

Guttenberg hat sich sein eigenes Grab geschaufelt, darin waren sich die Anwesenden zumindest ansatzweise einig. „Er hat die Medien instrumentalisiert“, erklärte der ehemalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping. Wenn jemand die Talkshow ins Kriegsgebiet hole, dann müsse er sich auch nicht wundern, wenn Medienberichte ihn zu Fall brächten. Sein Glamour-Faktor, betonte auch Michel Friedman, sei ihm schließlich zum Verhängnis geworden. Wer sich so sehr in die Öffentlichkeit dränge, der müsse auch damit leben, von ihr übermäßig stark beurteilt zu werden.

Tissy Bruns, Tagesspiegelredakteurin, schien in dieser Gesprächsrunde als Einzige einen sachlichen Blick auf den Fall Guttenberg zu haben. Es diese „Salamitaktik“ gewesen, mit der er sich selbst ein Bein gestellt habe. „Er hat sich bis heute vor den wichtigen Fragen gedrückt“, sagte sie. Das sei der Grund, warum es so weit hatte kommen müssen.

Merkel hat zu knabbern

Betonte Bild-Redakteur Nikolaus Blome in den vergangenen Wochen immer wieder, dass Guttenberg durch die Zustimmung der Bevölkerung geschützt wäre, so sah man seine Überzeugung gestern Abend wackeln. Aber dass nur der Glamour-Faktor der Grund für Guttenbergs Beliebtheit gewesen sein soll, das wollte er nicht glauben: „Er hatte den Zuspruch der Bevölkerung, weil er die Wahrheit gesagt hat.“ Nun aber könnte Guttenbergs schändlicher Fall sogar dazu führen, dass die Menschen den Politikern noch mehr misstrauen. Das Vertrauen der Soldaten, so bestätigte der ehemalige brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm, habe Guttenberg schon lange verloren.

Aber wie geht es jetzt weiter, für Guttenberg, für die Bundesregierung und für die Bundeskanzlerin? Angela Merkel werde, prophezeite Tissy Bruns, an ihrer Unterstützung für Guttenberg noch lange zu knabbern haben. Der nächste Verteidigungsminister stehe, so Scharping, vor einer schweren Aufgabe. Und Karl Theodor zu Guttenberg? Der könne auf eine zweite Chance in der Politik hoffen. Blome: „Aber vielleicht will er das ja gar nicht mehr.“ Vielleicht lässt er erstmal die Medien weiter an seiner Legende stricken.