Köln. .
Sie will nur ihre Arbeit machen – und verliert ganz flott ihre Unschuld: Elisabeth Moss spielt die Peggy Olson in der ausgezeichneten TV-Serie „Mad Men“ (mittwochs, ZDFneo) – und spricht im Interview darüber, wie das ihr Leben verändert hat.
Sie ist noch keine 30, aber seit 22 Jahren im Geschäft. Elisabeth Moss ist in Los Angeles geboren, in Hollywood zu Hause, und wenn sie nicht vor der Kamera stünde, stünde sie auf der Bühne: Mit dem Ballett-Tanzen begann die Amerikanerin noch bevor sie ihre erste Rolle im Fernsehen spielte – mit fünf. In Deutschland ist ihr Gesicht mit der hohen Stirn und den großen Augen noch nicht so bekannt: Bevor sie eine Hauptrolle in der hochgelobten und gerade auf ZDFneo gestarteten TV-Serie „Mad Men“ bekam, war ihre wichtigste Rolle die der Tochter des amerikanischen Präsidenten in der Serie „The West Wing“, die nie im deutschen Fernsehen lief.
Seit 2007 verkörpert Moss jetzt schon Peggy Olson: Die naive junge Frau hat Anfang der 60er ihren ersten Job als Sekretärin in der Werbeagentur Sterling Cooper an der New Yorker Madison Avenue bekommen – und kommt in der großen Stadt auch schnell unter die Räder. Sie wird eine ungewöhnliche Karriere machen, muss aber auch schwere Lektionen lernen und läuft immer wieder gegen die knallharte Sexismus-Wand. Mit DerWesten sprach die Schauspielerin über ihre bisher größte Rolle, und wie die ihre Karriere verändert.
Können Sie Peggy Olson eigentlich leiden?
Elisabeth Moss:Auf jeden Fall, ich liebe sie! Ich habe über die Jahre eine sehr enge Bindung zu ihr bekommen. Ich finde, sie ist ein wirklich guter Mensch. Sie versucht irgendwie immer, das Richtige zu tun. Sie versucht, sie selbst zu sein. Unglücklicherweise fällt es ihr schwer, herauszufinden, wer sie sein sollte, wie sie sich als Frau in dieser Männerwelt verhalten soll. Sie versucht, ihren Weg zu finden.
Es ist nicht ganz leicht, mitanzusehen, wie das war für Frauen damals, diesen offenen Sexismus vorgespielt zu bekommen. Allerdings fragt man sich manchmal, ob sich so viel verändert hat...
Moss:Stimmt, das fragt man sich wirklich manchmal.
Wie empfinden Sie das in Ihrer Branche?
Moss:Auf meinem Gebiet, in der Kunst, ist es schon ein bisschen anders. Da hat’s schon immer mehr Freiheiten gegeben, mehr Akzeptanz, der Bereich ist schon immer etwas fortschrittlicher gewesen.
Es ist eine interessante Frage. Selbstverständlich haben wir große Fortschritte gemacht, ganz offensichtlich ist die Lage anders als sie früher war – Sie haben zum Beispiel kein Problem, Ihren Job auszuüben, was damals vielleicht unmöglich gewesen wäre.
Auf der anderen Seite sind uns auch Dinge abhanden gekommen. Ein gewisser Respekt vor Frauen, zum Beispiel, den es in den 60ern gab – und der jetzt fast verschwunden ist. Verstehen Sie, was ich meine? Wie Frauen sich anzogen und benahmen – heute ist einfach alles erlaubt. Diesen gewissen Sinn für Anstand haben wir irgendwie verloren.
Sie haben relativ viele Rollen in Fernseh-Serien gespielt. Wie unterscheidet sich diese Arbeit davon, eine Rolle in einem Film zu spielen?
Moss:Ich liebe es, eine Figur in einer Serie zu entwickeln! Wenn man Glück hat, hat man bei einem Film zwei Wochen Zeit zu proben, dann wird gedreht. Und oft hat man noch nicht mal diese Zeit. Dann hat man ungefähr zwei Monate, um diese Figur zu spielen, dahinter zu kommen, und dann ist es vorbei – du kannst nie wieder was ändern!
Im Gegensatz dazu lebt man bei einer Serie jahrelang mit einer Figur. Ich liebe das! Du kannst sie richtig weiterentwickeln. Zum Beispiel Peggy Olson: Ich spiele sie schon fünf Jahre! Ich war 23, als wir die Pilot-Folge drehten, jetzt bin ich 28: Ich bin erwachsen geworden in diesen vergangenen fünf Jahren und konnte das in der Figur verarbeiten. Es ist eine wunderbare Erfahrung, so viel Zeit zu haben, die Figur zu entwickeln.
Geht Peggy Olson Ihnen nicht auch manchmal auf die Nerven, zum Beispiel, wenn sie sich so unbeholfen und ungeschickt anstellt?
Moss:Na klar! Sie nervt mich, wenn sie Fehler macht, wenn sie nervös wird. Diese Gelegenheiten werden allerdings seltener, je länger die Serie läuft. Ich fand sie auf jeden Fall ein bisschen nerviger in der ersten Staffel, als sie so überhaupt nicht wusste, was sie tat. In den vergangenen vier Jahren ist sie auf jeden Fall viel cooler geworden, viel fähiger – die natürliche Entwicklung eben.
Wie hat der Erfolg von „Mad Men“ und die Aufmerksamkeit, die die Serie von den Medien bekommt, Ihr Leben verändert – und Ihre Karriere?
Moss:Ich habe viele Chance bekommen, die ich ohne diese Serie wahrscheinlich nicht gehabt hätte. Die Leute lieben diese Serie und schätzen sie sehr, es ist eine Produktion, die viel Respekt erfährt. Dazuzugehören bringt Job-Angebote, bei „Mad Men“ mitzuspielen öffnet Türen, die sonst verschlossen blieben.
Ich konnte am Broadway Theater spielen, habe in ein paar großartigen Filmen mitgespielt – karrieretechnisch hat es wirklich einige Türen geöffnet. Natürlich hat es mich persönlich auch sichtbarer gemacht. Viel mehr Leute wissen, wer ich bin. Das ist auf jeden Fall eine große Veränderung.
Nicht immer zum Guten, würde ich vermuten.
Moss:Ach, unsere Fans sind so toll. Sie sind sehr schlau, und sie lieben die Serie. In 99,9 Prozent der Fälle sind die Leute supernett und sagen die tollsten Sachen. Sie lieben Peggy, sie lieben die Serie – ich hab deswegen eigentlich noch nie etwas Schlechtes erlebt.
Wo möchten Sie noch hin als Schauspielerin?
Moss:Ich würde gerne mehr Theater spielen, mich mit den Dramatikern auseinandersetzen, in deren Stücken ich noch nicht gespielt habe – Tennessee Williams und Arthur Miller, zum Beispiel.
Was interessiert Sie am Theater?
Moss:Der Prozess. Der ist so intensiv: Sie spielen die Rolle wieder und wieder, acht Mal die Woche. Es ist sehr anstrengend, man braucht so viel Disziplin, manchmal hasst man es und ist müde – aber es ist eine großartige Erfahrung, diesen Austausch mit dem Publikum zu haben.
Ist das nicht auch sehr viel beängstigender als die Arbeit vor der Kamera, bei der nur das Team zusieht?
Moss:Absolut! Aber das ist toll. Es ist was Gutes, sich dieser Angst auszusetzen und neue Sachen auszuprobieren. Und es ist total spannend: Es kommt vor, dass man an einem Abend was sagt und das Publikum in lautes Lachen ausbricht, und am nächsten Abend bleiben die Zuschauer an genau dieser Stelle mucksmäuschenstill. Da fragt man sich: Was hab’ ich jetzt gemacht? Was war jetzt anders? Es ist eine wirklich interessante Erfahrung.
Gehen Sie gerne Risiken ein?
Moss:Ja. Mir ist es wichtig, Risiken einzugehen. Ich mache diese Arbeit schon lange: Ich stelle mir gerne Aufgaben, mit denen ich meine Grenzen verschieben kann, die mich besser machen, mich zwingen, mich mehr anzustrengen. Ich spiele demnächst in einem Lawrence-Kasdan-Film mit Kevin Kline und Diane Keaton: Die sind so wunderbar und so gut, da muss ich einfach meinen Einsatz erhöhen, muss so gut sein, wie ich kann – oder besser!
Was bedeutet Ihnen die Schauspielerei?
Moss:Es ist meine Kunst. Es ist nicht nur eine Karriere, nicht nur meine Arbeit. Es ist das, woran mein Herz hängt, meine Leidenschaft. Ich habe großes Glück. Nicht alle können jeden Tag das machen, was sie lieben.
- Die erste Staffel der TV-Serie „Mad Men“ läuft mittwochs ab 22.30 Uhr auf ZDFneo, die zweite Staffel montags ab 21.05 auf dem Bezahl-Sender Fox