Gelsenkirchen. .
Bei der „Stock Car Crash Challenge“ auf ProSieben fuhren Stefan Raab und andere Promis stundenlang im Kreis und demolierten Autos. Die Show zeigt: Schrott im TV kann man zu Gold in Sachen Unterhaltung machen.
Stock Car Crash auf Schalke
Mann hat es heutzutage wahrlich nicht leicht. In Zeiten von Emanzipation und „Soft Skills“, Konfliktprävention und Bildungsstreben findet sich für Kräftemessen archaischen Charakters kaum noch Raum zur Entfaltung.
Wie gut, dass es Stefan Raabs „Stock Car Crash Challenge“ gibt. Von ProSieben in gewohnt bescheidener Weise als „die Schlacht des Jahres“ angepriesen, blieb sich die Verschrottungs-Orgie auch in der sechsten Auflage treu und bot fast fünf Stunden Testosteron pur: Motorenlärm und Metal-Musik, Machogehabe und Maschinen. Die Gelsenkirchener Arena bot in gewisser Weise den perfekten Schauplatz für die Karambolage-Karawane, haben doch die bisherigen Auftritte der Schalker Fußballer schon reichlich Kratzer und Beulen in der königsblauen Karosserie hinterlassen.
Widergänger Evel Knievels
Raab, der im schwarzen Rennoverall mit Flammenmotiv wie ein martialischer Wiedergänger des legendären Stuntmans Evel Knievel wirkte, hatte erneut eine Riege anerkannter C- und D-Promis zum heiteren Auto-Zerlegen versammelt: von Komiker Axel Stein über Heidi Klums Laufsteg-Trainer Jorge Gonzalez bin hin zu Schlagersänger Michael Wendler. Den Kai Ebel von ProSieben gab Sonya Kraus, die als Streckenreporterin ihr Unwesen trieb und deren schrille Stimme zuweilen sogar das Motorendröhnen übertönte.
Von diesem Ausflug in die gnadenlose Welt des „Rammen und gerammt werden“ durfte man nicht mehr erwarten als eine Zurschaustellung „niederer Instinkte“, die Moderator Matthias Opdenhövel im Sinne der Effekthascherei schon früh in der Arena registriert hatte. Der selbsternannte „Auswanderer-König“ Konny Reimann gab dann auch mit seiner Begrüßung des Publikums das intellektuelle Niveau des Abends vor: „Moin ihr Spacken!“.
Die erste Disziplin des Wettkampfes weist noch die größte Ähnlichkeit mit konventionellen Motorsportarten auf: Wer bei „Stock Car“ am schnellsten im Kreis fährt, sammelt die meisten Punkte. Schon in den ersten Runden zeigte sich, nach welchen Szenen das Publikum an diesem Abend lechzen würde: ein Wagen fing Feuer, ein anderer überschlug sich, ein Vehikel bohrte sich in die Bande. Kommentator Ron Ringguth mühte sich redlich, das Chaos auf der Strecke für den Zuschauer am Bildschirm zu lichten – Klarheit über das Geschehen brachte aber allerhöchstens der eingeblendete Punktestand.
Raab schägt sie alle
Wenig überraschend, dass die zweite Disziplin die nächste Stufe des Spektakels zünden sollte. Bei „Karambolage“ ist der Name Programm: Rammen, drehen, überschlagen – Punkte bringt alles, was das Blech des Anderen möglichst effektvoll zerbeult. „Das große Metzeln“, wie es von Ringguth angekündigt worden war, findet seine Steigerung folglich nur noch in der „puren Zerstörung“ namens „Rodeo“ In dieser letzten Disziplin fährt alles, was noch fahren kann, gegeneinander. Solange, bis nur noch einer fährt - oder, wie in diesem Fall, zwei: Raab und sein Teamkollege Timo Scheider, als DTM-Pilot der einzige professionelle Fahrer im Feld, hielten ihre schrottreifen Vehikel bis zum Schluss auf der Strecke und rammten so das hauseigene TV-Total-Team zum Sieg. Dass neben Raab und Scheider ausgerechnet eine Frau auf dem Testosteron-Terrain brillierte, hatte dabei besonderen Charme: „No Angels“-Sängerin Lucy dominierte die ersten beiden Disziplinen in ihrer Hubraum-Klasse und ging als erste weibliche Siegerin in die Geschichte des Events ein.
Eine weitere Nische im Unterhaltungsfernsehen
Ein Samstagabend lässt sich zweifellos sinnvoller verbringen, als Raab und Co. dabei zuzusehen, wie sie im Kreis fahren und Autos demolieren. Doch der Tausendsassa des deutschen Unterhaltungsfernsehens hat es mit diesem ausgeflippten Format eben geschafft, eine weitere Nische zu besetzen – wie schon mit der „Wok-WM“ oder „Schlag den Raab.“ Ob Deutschlands Fernsehpublikum nun auf eine solche Show gewartet oder Raab die Nachfrage erst geschaffen hat, ist so wenig zu klären wie die Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da war. Vielleicht beweist die „Stock Car Crash Challenge“ einfach nur die zynische These der Fernsehmacher, dass jedes Publikum die Sendungen bekommt, die es verdient.
Was bleibt sonst von diesem Abend, außer reichlich Nachschub für den Schrottplatz der Ludolf-Brüder? Zumindest die Erkenntnis, dass es für Königsblau auf der Piste derzeit nicht viel besser läuft als auf dem Platz: Das Schalke-Team mit Yves Eigenrauch, Oliver Reck und Willi Landgraf fuhr nur um die hinteren Plätze.