Berlin. Mit Stammtischparolen beschworen die Talk-Gäste bei “Hart aber fair“ Schreckensbilder einer Flüchtlingskrise herauf. Margot Käßmann wollte mit Bibelsprüchen missionieren.
Das Herbstmärchen hat bei „Hart aber fair“ ein jähes Ende gefunden. Während in der vergangenen Woche noch die Willkommenskultur Deutschlands gefeiert wurde, beschworen Frank Plasbergs Gäste Schreckensbilder einer Flüchtlingskrise herauf.
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Eine Woche lang ließ die Bundesregierung Flüchtlinge aus Ungarn ohne Kontrollen einreisen. Dann die Kehrtwende: Grenzkontrollen. Anlass für die ARD ihr Programm zu ändern und nach der Tagesschau einen Flüchtlings-Schwerpunkt zu senden. Frank Plasbergs Gäste diskutierten über das Thema „Schlagbaum runter, Zäune hoch – Panikstimmung in Europa?“.
Und die Panikstimmung breitete sich auch im Studio aus. Bayerns Finanzminister Markus Söder appellierte: „Deutschland kann nicht das Flüchtlingsheim für die ganze Welt sein“. Und beschrie die Angst, dass islamistische Terrororganisationen die Flüchtlingsströme nutzen könnten, um Kämpfer nach Europa zu schicken.
Stammtischparolen bei „Hart aber fair“
Auch sonst übte sich CSU-Mann Söder in Stammtischparolen. Die Flüchtlinge würden ja nur wegen der hohen Leistungsstandards nach Deutschland kommen. Der Vize-Staatssekretär im ungarischen Außenministerium, Gergely Pröhle, konnte da nur zustimmen: „Die Menschen kommen nach Deutschland wegen des Wohlstands.“
Einzig Politikwissenschaftler Herfried Münkler klärte in dieser Runde auf: „Die Menschen gehen dorthin, wo es Diaspora-Gemeinschaften gibt.“ In Deutschland lebende Syrier, würden eben auch neue nach sich ziehen. Sie kämen wegen der Gemeinschaft und weil der Islamische Staat ihnen eine Rückkehr in ihr eigenen Land unmöglich mache.
„Grenzzäune sind nicht zu halten“
Auch sonst konnte Politologe Münkler Licht in Plasbergs Sendung bringen und analysierte die Flüchtlingssituation. Die Grenzzäune seien vor den Flüchtlingen nicht zu halten, es sei denn mit Gewalt. Wolle Ungarn seine Grenzen mit Waffen schützen? So die unerwünschten muslimischen Flüchtlinge vom ungarischen Staatsgebiet fernhalten? Denn vor Leuten mit einer anderen Religion, speziell Muslimen, hätten viele Ungaren Angst, bestätigte Gregery Pöhle. „Wenn die Menschen Angst vor vollen Moscheen haben, sollen sie doch die Kirchen voll machen“, war noch der konstruktivste Satz von Margot Käßmann in der ARD-Talkrunde, die sonst nur gelangweilt ihre Fingernägel kontrollierte und sonst Sätze gerne mit Bibelsprüchen komplettierte.
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Angst vor Muslimen. Angst vor Flüchtlingen. Angst vor Sozialdumping. Das böse Wort. So eine hohe Zahl an Flüchtlingen, also an potentiellen Arbeitskräften, könne ja schnell zu Lohndumping führen, war ein Zuschauer überzeugt. „Vulgärmarxismus“, stempelte Politologe Münkler diese Sorge ab. Doch die Hart aber fair“-Runde zeigte sich einig, Verlier der Verdrängungspolitik sei das untere Drittel der Gesellschaft. Die Politik sei nun gefordert, damit sich das Herbstmärchen fortsetzen könne.