Berlin. Fünf Wochen vor der Bundestagswahl stellt sich Frank-Walter Steinmeier den Fragen im letzten Sommerinterview im „Bericht aus Berlin“. Ein Interview-Marathon mit wenig überraschenden Fragen und einem zwar schwitzenden, aber souveränen SPD-Kanzlerkandidaten.
Frank-Walter Steinmeier schwitzt. Aber das mag an den Temperaturen liegen, es ist 26 Grad warm am Sonntagnachmittag in Berlin, die Sonne knallt auf die Terrasse vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Mitten im Regierungsviertel. Dort, wo Ulrich Deppendorf und Rainald Becker das ARD-Sommerinterview mit dem SPD-Kanzlerkandidaten aufgezeichnet haben.
Es ist das letzte Gespräch dieser Reihe im "Bericht aus Berlin" - fünf Wochen vor den Bundestagswahlen. Man sitzt, so ist es der Zuschauer dieses Format bereits gewohnt, nah beieinander. Man gibt sich ungewohnt leger. Steinmeier wie Deppendorf wie Becker, jeder trägt ein hellblaues Hemd, jeder hat die beiden obersten Knöpfe geöffnet. Es ist heiß, man übt sich in Gelassenheit.
Steinmeier blickt ernst, freundlich, unbestimmt
Locker verspricht sich Deppendorf denn auch gleich zu Beginn der Sendung, als er Steinmeier als den "Mann, der Chef im Kanzleramt werden will" vorstellt. „Da war ich schon“, kontert der Kandidat, der unter Gerhard Schröder bereits Kanzleramts-Chef war – lächelt und blickt sogleich wieder ernst, freundlich, unbestimmt. Ein Mienenspiel, das er das ganz 19 Minuten lange Interview durchhalten wird.
Und das ist ein Fragen-Marathon, der mit einer wenig überraschenden Frage beginnt: Dem Kanzlerkandidaten sei Führungsschwäche vorgeworfen worden in der Personalie Ulla Schmidt, Stichwort Dienstwagenaffäre. „Ein Gebot der Fairness“, die Gesundheitsministerin sich erst rechtfertigen zu lassen und dann zu entscheiden, antwortet Steinmeier. Außerdem: „Es gibt wichtigere Themen.“ Die Journalisten tun dem Kandidaten den Gefallen – und beharren nicht darauf, die Frage auf das Thema Flugzeuge auszuweiten.
Keine Nachfragen
Stattdessen geht’s im Laufschritt weiter: Steinmeiers Deutschland-Plan, Opel, Afghanistan. Am spitzesten erscheint da noch die per E-Mail eingereichte Zuschauerfrage: Waren Hartz IV und die Rente mit 67 die größten Fehler der SPD? Steinmeier stockt ein bisschen, berichtet von positiven Rückmeldungen während seiner Wahlkampftour. „Wir sind da ein Stück Weg vorangekommen“, meint er, lächelt und blickt wieder ernst. Keine Nachfragen. Weiter geht’s im Interview-Marathon. Wie passend, dass sich - nur ein paar Kilometer weiter bei der Leichtathletik-WM - die Damen gerade auf der 42,195 Kilometer langen Strecke messen.
Ob es ihn nicht irritiere, dass Angela Merkel jedes seiner Wahlkampf-Themen ebenfalls besetze? Ob ihn diese „Umarmungsstrategie“ nerve? Ob er - angesichts der desaströsen Umfragewerte - nur noch auf ein Wunder hoffen könne? Steinmeier schwitzt, aber das mag an den Temperaturen liegen: Im Wahlkampf fühle er sich „wie der Läufer, der schon mal los ist, aber seine Gegner auf dem Feld noch nicht sieht“.