Essen. . Sanftheit statt Kraftgeprotze an den Tasten. Maria João Pires hat dem Publikum des Klavier-Festivals Ruhr einen Abend von selten schöner Poesie beschert. Das Konzert der Portugiesin, die nur selten solo zu hören ist, war eine Sternstunde.
Etwas Außerordentliches ist geschehen. Die portugiesische Pianistin Maria João Pires hat eines ihrer eher rar gewordenen Solokonzerte gegeben, mit Werken von Schubert und Debussy, und so dem Publikum mancherlei Glücksgefühl beschert. Denn die stets sanft lächelnde, zierlich wirkende und Bescheidenheit ausstrahlende Künstlerin versagt sich beim Spiel jede äußere Kraftprotzerei, vielmehr versinkt sie ganz in sich, um aus ihrem Innern heraus die Musik leuchten zu lassen.
Pires’ Auftritt beim Klavier-Festival Ruhr hat etwas Magisches, gerade wenn es darum geht, auf Klang zu setzen, auf Emotion. Schuberts Impromptus bekommen so einen reflektierenden Charakter. Dennoch spart die Pianistin das erzählerische Element nicht aus. Und wenn sanftes Melos abrupt in Phrasen des Aufbegehrens umschlägt, ist da nichts Wucherndes, sondern nur große Ernsthaftigkeit zu hören.
Sanglichkeit der schönsten Art
So entfaltet sich in der Essener Philharmonie Schuberts Sanglichkeit aufs Schönste, und der Schmerz, der etwa Teile der B-Dur-Sonate durchzieht, aufs Bitterste. Pires mag an kristalliner Brillanz manches vermissen lassen, doch ihr intimer Zugriff berührt unmittelbar.
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Gleichwohl darf darüber diskutiert werden, ob Schubert, sei er auch noch so schön musiziert, wie ein romantischer Debussy klingen muss. Dessen Suite „Pour le Piano“ fügt sich in Pires’ Interpretation jedenfalls nahtlos ein. Sie verordnet dieser Musik, die an die Clavecinisten des Barock erinnern soll, einerseits Strenge, andererseits fulminante Farbigkeit.
Kein falscher Nebel bei Debussy
Und bei aller Klangpracht widersteht Pires der Versuchung, die dreiteilige Suite in falschen impressionistischen Nebel zu hüllen. Dass sie zudem durchaus temperamentvoll spielen kann, beweist der Schlusssatz, die Toccata. Ihr leicht romantischer Zugriff wiederum passt zum Gesamtbild dieses poetischen, eben außergewöhnlichen Abends.