Oberhausen. Es ist ein wagemutiges künstlerisches Terrain, das die Oberhausener Kurzfilmtage im Jahr ihres 60-jährigen Bestehens ausführlich vorstellen wollen. “Film ohne Film“ steht als Obertitel über neun Programmen, die den Betrachter auf viele Arten verblüffen wollen.
Der Filmemacher Walther Ruttmann („Berlin – Die Sinfonie der Großstadt“) lädt 1930 in ein Kino ein, um dort nach der Abdunklung statt eines Films sein Hörstück „Weekend“ zu präsentieren, die hektische Geräuschcollage eines Berliner Wochenendes. Viel später schnallt sich die Performance-Künstlerin Valie Export 1968 einen kleinen „Kino“-Kasten vor ihren nackten Oberkörper und lässt Passanten durch zwei Öffnungen ihre Brüste fühlen – sie nennt das „Tapp und Tastkino“.
Das sind nur zwei Beispiele für ein wagemutiges künstlerisches Terrain, das die Oberhausener Kurzfilmtage im Jahr ihres 60-jährigen Bestehens ausführlich vorstellen wollen. „Film ohne Film“ steht als Obertitel über neun Programmen, die den Betrachter auf viele Arten verblüffen wollen. Nachdem man im letzten Jahr das Kino nach dem Internet untersucht hat, nähert man sich ihm nun als schöpferischem Raum. „Wir wollen den Blick umdrehen“, erklärt Festivalleiter Lars Henrik Gass, „von der Leinwand in den Saal.“ In einer Zeit, da das Kino für die Auswertung von Filmen eine immer kleinere Rolle spiele, wolle man nun dazu beitragen, es als schöpferischen Ort neu zu entdecken.
Grenzlinie von Film und Bildender Kunst
Vielfältig ist das, was von Künstlern auf der Grenzlinie von Film und Bildender Kunst angeboten wird. Mal existieren Arbeiten nur in Form vager Anweisungen, mal verlassen sie sich auf die Teilnahme des Publikums, mal ähneln sie einer Performance. Wie „Lee Harvey Oswald’s Last Dream“ von Chris Petit und Emma Matthews beispielsweise, wo man szenisch daran erinnert wird, dass dieser Oswald nach dem Attentat auf Kennedy in ein Kino flüchtete. Hier entfaltet sich ein Drama innerhalb des Zuschauerraums, das die Ereignisse auf der Leinwand völlig verblassen lässt.
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Spannend ist diese Entdeckungsreise in den Kunstraum Kino auf jeden Fall. Ob da nun bei Hans Scheugls‘ „zzz: hamburgspecial“ statt Filmmaterial lediglich ein Faden durch das Projektorfenster läuft. Ob die „Hells Angels“ von Ernst Schmidt jr. sich als Papierflieger erweisen, die durch den Projektionsstreifen geworfen werden müssen. Oder ob Mark Waller mit „Popcorn Casts“ eine Bilderserie geschaffen hat, die zufällige Anordnungen von Popcornresten nach der Vorstellung zeigt.
Ein teures Programm zum 60.
Es sei ein teures Programm, sagt Lars Henrik Gass. Man brauche eine große Anzahl von Mitarbeitern, und auch intensive Probenarbeit sei nötig – für Oberhausen völliges Neuland. Man habe deshalb auch versucht, Kunstmagazine für das Programm zu interessieren. „Aber da bekommt man keinen Fuß in die Tür. Wenn nicht Kunst draufsteht, reagieren solche Publikationen kaum.“ Gass nimmt es gelassen. „Die Unschärfe von Oberhausen“, sagt er, „das ist doch das eigentlich Interessante.“
1. bis 6. Mai. Spielorte: Lichtburg Filmpalast, Kino im Walzenlager. Info: kurzfilmtage.de