Wanne-Eickel. . Dass seine Bühne für Revierschwänke ein Dauerbrenner wird, hat nicht einmal Christian Stratmann geglaubt. Jetzt feiert Stratmanns „Mondpalast“ in Wanne-Eickel schon Zehnjähriges. 700.000 Besucher zählte der Prinzipal. Wir trafen ihn zum Gespräch über Schlagertexte, Witz-Tabus und Dienst am Kunden.
Zum Lachen ging man an der Ruhr nie in den Keller, seit zehn Jahren aber doch besonders oft nach Wanne-Eickel. Dort erfand Christian Stratmann 2004 den Mondpalast. Lars von der Gönna sprach mit Stratmann über Patrioten, Mütter und eine Wüste namens Dienstleistung.
Welche Eigenschaften sagt der Schlager dem „Mond von Wanne-Eickel“ eigentlich nach?
Christian Stratmann: Dem Mond an sich nix. Nur in Wanne-Eickel soll es unter ihm besonders schön sein. Übrigens war für den albernen Schlagertext ursprünglich Buxtehude im Rennen. Wanne-Eickel fanden die Produzenten aber lustiger. Die haben sogar einen Brief an den Bürgermeister von Wanne-Eickel geschrieben. Der war nicht begeistert. Er wollte nicht, dass Wanne-Eickel veräppelt wird. Man war ärgerlich.
Sie sind hier eben umgeben von Patrioten...
Stratmann: Die richtigen Wanne-Eickeler sind sehr stolz! Einen Hamburger würde das wundern. Hier fahren jetzt schon 3000 Menschen mit den neuen „alten“ Kennzeichen „WAN“ rum. Wahnsinn, oder?
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Zuschauer von Wesel bis Hagen
Ist Wanne-Eickel heute berühmt für den „Mondpalast“?
Stratmann: Ich glaub’, wir haben durch den Palast den Mond so’n bisschen wieder rausgeholt. (lacht)
Der Mondpalast war die größte private Investition Ihres Lebens. Ist es auch die erfolgreichste?
Stratmann: Ja, obwohl ich es damals nicht gedacht habe. Ich war immer eher ein Projekt-Typ. Dass ich zehn Jahre lang etwas mache, ist für mein Leben ungewöhnlich. Heute haben wir Zuschauer von Wesel bis Hagen. Man muss sich das mal vorstellen, da fahren Menschen hin und zurück 200 Kilometer, um einen lustigen Abend zu haben!
„Ich mag keine sexistischen Sprüche auf der Bühne.“
Können Sie über jeden Ihrer hausgemachten Schwänke gleich doll lachen?
Stratmann: Nein, kann ich nicht. Aber wenn es in die Endproben geht, komme ich dazu und ich frage dann auch, ob dieses oder jenes sein muss.
Zum Beispiel?
Stratmann: Ich mag zum Beispiel keine sexistischen Sprüche auf der Bühne. Will ich einfach nicht hören. Feierabend. Ich denk’ dann: Möchtest du sowas deiner Mutter als Besucherin anbieten und würdest du dich neben ihr fremdschämen? Das hilft mir bei der Entscheidung. Da lass’ ich mich auch nicht auf Kompromisse ein.
Der Prinzipal führt durch den Mondpalast
„Wenn ich was sagen sollte, bin ich rot geworden.“
Was hätte Ihre Mutter gesagt, wenn der kleine Christian als Kind verkündet hätte: Ich werde mal ein Theater haben, das in zehn Jahren 700.000 Zuschauer zieht?
Stratmann: Sie hätte es nicht geglaubt. Ich war ja „der Kleine“, das jüngste von neun Kindern. Ich war schmal und schüchtern. Wenn ich was sagen sollte, bin ich rot geworden. Heute ist das kein Problem, auch nicht vor 1000 Leuten. Wahrscheinlich habe ich in meiner Arbeit meine Ängste abgearbeitet. Wir wollen ja doch alle Anerkennung, Erfolg, Zustimmung, Liebe. Wenn 500 Leute einen schönen Abend haben, gibt mir das ein Glücksgefühl.
Sie gelten als fordernd sich selbst gegenüber, aber auch gegenüber Ihrem Team. Was sagen Sie Bewerbern als erstes, egal, ob Sie bei Ihnen Karten abreißen oder Schauspieler werden wollen?
Stratmann: Ich sage: „Wir sind absolute Dienstleister!“ Ohne masochistisch zu sein, aber Respekt und Demut vor dem Publikum ist in meiner Philosophie weit vorne. Ich begrüße hier jeden Abend persönlich die Gäste. Klar, ist das ‘ne Kundenbindungsmaßnahme, aber ich mache es gerne. Neulich habe ich für ein Foto in der dritten Reihe gesessen, da lag Bonbonpapier am Boden. Ich hab’ gedacht: „Gottseidank sehe ich das, bevor es ein Besucher sieht!“
Das Bodenpersonal nicht aus der Verantwortung entlassen
Gibt es die „Dienstleistungswüste Deutschland“?
Stratmann: Ganz bestimmt. Es geht ja gleich immer den Managern an den Kragen. Sicher auch zu Recht. Aber das Bodenpersonal kann man nicht aus der Verantwortung lassen. Wenn mir Verkäuferinnen in einem Kaufhaus das Gefühl geben, ich stör’ sie beim Quatschen, da habe ich null Verständnis. Die machen für das Unternehmen genauso verheerende Fehler wie die großen Bosse. Und diese blöden Warteschleifen, während man uns vorlügt, der Service würde besser...
Prominente sind regelmäßig bei Ihnen zu Gast. Während das ehrwürdige Aalto-Theater Hannelore Kraft auf keiner Premiere begrüßen kann, saß bei Ihnen selbst ein Bundespräsident zum Lachen im Parkett. Sind Sie ein Strippenzieher?
Stratmann: Manchmal glückt mir was (lacht).
„Misserfolge ärgern mich maßlos“
Sie sind erfolgsverwöhnt. Was macht ein Misserfolg mit Ihnen?
Stratmann: Wenn mir was nicht gelingt, ärgere ich mich maßlos. Ich quäle mich mit der Frage, ob ich das nicht hätte früher sehen oder vermeiden können. Ich posaune das nicht groß ‘rum, ich seh’s ja auf dem Konto. Wenn ich mich genug geärgert habe, schiebe ich das aber weg. Dann heißt es: nach vorne!