Oberhausen. Der erschütternde Roman um einen extremen Fall von Stalking und Verfolgung wird im Theater Oberhausen zu einem Kammerspiel für drei Personen. Der „Spiegel“-Autor war bei der Uraufführung verhindert – wegen des Polit-Gerangels in Berlin.
Sie trinken Wein in ihrer schicken Wohnküche, auf dem Herd köchelt der Gemüseeintopf, nichts scheint dem Glück der Familie Tiefenthaler etwas anhaben zu können. Und doch macht ihr Herr Tiberius, der Mann aus dem Souterrain, das Leben zur Hölle. „Spiegel“-Korrespondent Dirk Kurbjuweit beschrieb im Roman „Angst“ einen besonders krassen Fall von Stalking und Verfolgung, der schließlich in einem Mord endet. Regisseur Martin Kindervater hat nun fürs Theater Oberhausen eine Bühnenfassung erstellt, die sich eng ans Romangeschehen hält.
Vieles bleibt (wieder-)erkennbar: Wie Randolph Tiefenthaler, der Architekt, lieber alleine als mit seiner Ehefrau Rebecca (Elisabeth Kopp) in schicken Restaurants Essen geht. Wie er alleine nach Bali reist, während Rebecca bereits unter Tiberius’ seltsamen Annäherungsversuchen leidet. Wie er unter Tiberius Anschuldigungen, das Ehepaar missbrauche die eigenen Kinder, zu einem Nervenbündel wird.
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Als Katalysator und Dialogpartner hat Martin Kindervater Randolph seinen Bruder Bruno (Peter Waros) zur Seite gestellt. Im Schnelldurchgang erzählen die beiden von einer Kindheit, die von der Angst vor ihrem waffenvernarrten Vater geprägt war. Recht geschickt springen alle drei Darsteller zudem immer wieder in kurze Nebenrollen: So wird Rebecca zu ihrer eigenen Anwältin, die dem Paar wenig Hoffnungen macht, sie vor Tiberius schützen zu können.
Erschütterungen des Romans lässt das Stück vermissen
Letztlich aber krankt das Stück an einer Schwäche, die kaum zu beheben scheint: Der Roman schilderte konsequent Tiefenthalers Innensicht, spiegelte seine zunehmende Hoffnungslosigkeit und Aggression. Im Theater kommen wir Tiefenthaler lange nicht so nahe. Dass wir dafür seine Ehefrau (und den Bruder) nun leibhaftig vor Augen haben, ist ein eher geringer Trost, haben sie doch kaum Raum, ihre Perspektiven auszuspielen.
So hübsch also der Einfall der Wohnküchenbühne (Anne Manss) anmutet, so fein Martin Kindervater die Dialoge gearbeitet hat - die Erschütterungen des Romans lässt dieser Abend leider vermissen.
Was Dirk Kurbjuweit wohl gedacht hätte? Leider hatte der Autor seinen Premierenbesuch kurzfristig absagen müssen - sein Job als Hauptstadtkorrespondent hielt ihn, wenige Tage nach der Wahl, in Berlin.
Termine: 2., 4., 9. 10. und 26. Oktober.