Essen. In der Essener Philharmonie stellte der Jazz-Pianist Chick Corea beim Klavierfestival Ruhr seine neuen Standard-Mitmusiker vor. Das Sextett hat sich nach einigem Rumpeln beim Start nun zu einer echten Einheit mit Latin- und Flamenco-Kolorit entwickelt.

Chick Corea hat wieder eine Band. Schon das ist eine Nachricht. Nachdem der Pianist in den letzten Jahren mit Wiederauflagen früherer Bands und Projekte kam, stellte er jetzt beim Klavier-Festival Ruhr eine echte Neugründung vor: The Vigil. Es reizt es ihn wohl wieder, mit einer Handvoll Musikern einige Zeit an einer Sache dranzubleiben, sie zu entwickeln. Das zahlt sich aus. Wähnten Zeugen der Londoner Premiere im Frühjahr sich noch auf einer öffentlichen Probe, so erlebte man jetzt in der Philharmonie Essen das Sextett als starke, geschlossene Einheit.

Neuzugang Charles Altura (Gitarre) und Basskoryphäe Christian McBride wechseln zwischen Akustik- und E-Instrumenten, Corea zwischen Flügel und Keyboards, und doch herrscht an diesem Abend – anders als auf dem Album „The Vigil“ – unterm Strich akustischer Sound vor. Selbst brandneue Stücke lassen an die Frühphase von Coreas legendärer Siebzigerjahre-Band Return to Forever (RTF) denken – samt Latin- und Flamenco-Kolorit, das diese Formation einst prägte.

Corea höchstselbst auf der Kuhglocke

Dass Corea kurzfristig den Perkussionisten Luisito Quintero hinzubuchte, rundet den Eindruck ab. Ein Bebop-Klassiker, Tadd Damerons „Hot House“, ungewöhnlicherweise über einen Latin-Groove gespielt, bereitet auf das Kommende vor; einen Trommeldialog zwischen Quintero und Marcus Gilmore begleitet Corea höchstselbst auf der Kuhglocke. Im flamencogefärbten „Planet Chia“ klopft Quintero den Rhythmus auf der Holzkiste Cajón, derweil Tim Garlands Sopransax näselt wie eine arabische Oboe.

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Beim treibenden „Portals to Forever“ oder dem funky „Galaxy 32 Star 4“ ruft allein der Titel alte RTF-Zeiten wach; mit „Romantic Warrior“ greift die Band direkt ins RTF-Repertoire. Hier, mitten im Solo, reißt an Christian McBrides Kontrabass die tiefste, die dickste Saite. Und was macht er? Spielt ungerührt weiter bis zum obligatorischen „Spain“, der Zugabe zum Mitsingen.

Einen Mitschnitt des Konzert sendet der Deutschlandfunk am 29. September, 21.05 Uhr, in der Reihe „Konzertdokument der Woche“.