Duisburg. . Ein Schulprojekt des Klavierfestivals bringt ein Stück von Duisburger Schülern auf die Bühne. Inszeniert werden unter anderem türkische Hochzeits-Rituale. Probenort ist die Turnhalle der Grundschule Sandstraße in Duisburg Marxloh. Ein Stadtteil, der illustriert, dass Deutschland auch von Immigranten geprägt ist.
Bekannte Laute schon von ferne: Kinderrufe, ein wenig Gerenne und eine Stimme, die Ordnung bringen will ins Gewusel. „Nicht so aneinanderknuddeln“, ruft Benjamin Schad mit dem Blick eines freien Regisseurs auf Bewegungsabläufe. Langsam nimmt die 45 Köpfe starke Gruppe Form an. Und beginnt mit der Probe eines uralten Hochzeitsrituals – mit anrührendem Gesang, würdevollem Schreiten, roten Schleiern und Kerzenlichtern.
Probenort ist die Turnhalle der Grundschule Sandstraße in Duisburg Marxloh. Ein Stadtteil, der illustriert, dass Deutschland auch von Immigranten geprägt ist. Inmitten die Weseler Straße. Wer dort aufmerksam nach links und rechts blickt, sieht vor allem – Brautmodengeschäfte. Aneinandergereiht wie Perlen auf einer Schnur. Mehr als 50. Für die (überwiegend türkischen) Kinder dieses Viertels gehören Hochzeitsrituale zum Erfahrungsschatz. Was liegt näher, als sich damit in der Schule zu beschäftigen.
Und dann kommt eins zum anderen. Das Klavier-Festival Ruhr hat Igor Strawinskys Ballettkantate „Les Noces“ auf dem Programm – eine Hommage an russische Hochzeitsriten. Die Educationabteilung des Festivals wiederum arbeitet bereits seit sechs Jahren eng mit der Schule zusammen.
„Ein kleiner Beitrag zur Durchlässigkeit der Schulformen“
Und die Kinder haben den Erwachsenen offenbar genau zugesehen, wenn bei Freunden Hochzeit gefeiert wurde. Wissen also um das türkische Henna-Ritual, das gerade geprobt wird. Hinten ein Chor, der ein trauriges Lied anstimmt, weil die Braut nun ihre Familie verlässt. Vorn wird als wertvollstes Geschenk ein roter Schleier übergeben. Die Braut streicht die Hände übereinander, als reibe sie sich mit der Hennafarbe ein. Ein Teil der Kinder schreitet dann zu den Instrumenten, vor allem Orffsches Schlagwerk, und stimmt teils stark rhythmisierte, teils improvisierte Klänge an. Dazu wird frei getanzt.
Grundschullehrer Klaus Hagge und die Choreographin Petra Jebavy zeichnen verantwortlich für die Umsetzung. „Seit einem Jahr arbeiten wir daran“, sagt Hagge. Das Projekt führt Kinder der vierten Grundschulklasse mit jenen der fünften Klasse des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums zusammen. „Ein kleiner Beitrag zur Durchlässigkeit der Schulformen“, sagt Tobias Bleek, Leiter der Educationabteilung des Klavier-Festivals. Und er fügt hinzu: „Dies ist unsere bisher umfangreichste Arbeit“. Jedes Kind habe dazu beigetragen, erklärt Petra Jebavy. „Wir haben versucht, Begriffe und Riten in Bewegung umzusetzen. Hilfreich war die Führung durch ein Brautmodengeschäft – dort gibt’s die ganze Palette, von der Serviette bis zum Schleier.“
20 Minuten wird die Aufführung dauern, als Vorprogramm zu Stravinskys „Les Noces“ mit seinen fremd anmutenden archaischen Klängen. „Dabei übernehmen wir auch Teile des Originals, in eigener Instrumentierung“, sagt Klaus Hagge. Moderne also trifft auf klassische Moderne – wir sind gespannt.
Mi. 17.7. (17.30) Gebläsehalle, Landschaftspark Duisburg Nord.