Essen. Ein bisschen nach Trittbrettfahrerei riecht die Geschichte schon: Verrückte Alte, die aus dem Heim türmen, um freiwillig in einen komfortablen Knast zu kommen. Catharina Ingelman-Sundberg hat einen Roman geschrieben, der an Jonas Jonassons Erfolg vom „Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ erinnert.

Uralte Menschen, die vom Heim die Nase voll haben, einfach abhauen und wenig später die Polizei am Hackenporsche haben: Vermutlich denken Sie jetzt an den größten massentauglichen Lesespaß der letzten Jahre, an Jonas Jonassons Hundertjährigen, „der aus dem Fenster stieg und verschwand“.

Im Knast ist das Essen besser

Vermutlich sollen wir genau das tun, obwohl von einem anderen Buch die Rede ist. Catharina Ingelman-Sundberg (65) ist, wie der Vater des Hundertjährigen, Schwedin. Wie Jonasson glaubt sie an Altenheime, die Anarchie gebären. Wie Jonasson behauptet sie, dass Altsein einen blitzgescheit macht, der große Erfahrungsschatz äußerst kreativ und die Lage mutig, weil man (ähnlich Bremens Stadtmusikanten) etwas Besseres als den Pfefferminztee des missmutigen Pflegepersonals allemal finden kann in der Welt.

"Wir fangen gerade erst an“

„Wir fangen gerade erst an“, nennt Ingelman-Sundberg ihren Schelmenroman, der gleich fünf Hochbetagte zu seinen Helden macht. Besagtes Panoptikum sieht (einer von vielen hübschen Einfällen der Autorin) eine DVD über das Leben im Knast. Keine schlechte Adresse: Donnerwetter, da kann man ja das Essen wählen, „alles genau nach der Ernährungspyramide“. Und manchmal gibt es sogar Pommes!

Wir ahnen, was kommt: Der Plan, ein so enormes Verbrechen zu begehen, dass der Umzug vom miefigen Seniorenheim mit dem verlogenen Namen „Diamant“ in den feschen schwedischen Strafvollzug ein recht kurzer Prozess sein dürfte.

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Das Niveau von Jonasson hat der Roman nicht

Auf Augenhöhe des Jonasson-Erfolges sehen wir den Spaß nicht. Dazu fehlt ihm einerseits die doppelbödige Substanz, andererseits jene fantastische Dimension rückwärts gewandter Eulenspiegelei, die aus Allan Karlsson tatsächlich so etwas wie eine literarische Figur zu machen verstand. Aber eine Gaudi bleibt es doch, zu lesen, wie brave Bürger Rififi spielen und plötzlich das Lügen und Betäuben aus dem Effeff beherrschen wie ihre im Heim hocken gebliebenen Kollegen allenfalls Canasta.

Ein Schmöker, der Mut macht

Lebensklug und mit jenem herzigen Witz, den nur große Menschenkenntnis zeitigt, legt die einstige Marine-Archäologin einen Kicher-Schmöker mit Mutmach-Qualitäten vor. Es würde einen nicht wundern, wenn er diesen Sommer tausendfach an den Pools verschlungen würde. Das Zeug dazu hat er.