Bochum. Im Interview spricht der Schauspieler Peter Lohmeyer über seine Heimatgefühle im Ruhrgebiet, sein Gastspiel am Bochumer Schauspielhaus – und seine Rolle als „Tod“ im Salzburger „Jedermann“.

Peter Lohmeyer, ein vertrautes Gesicht: Man kennt ihn aus vielen Fernsehfilmen, auch durch markante Auftritte im Kino: „Soul Kitchen“ etwa, „Tom Sawyer“ oder demnächst „Fünf Freunde 2“. In „Das Wunder von Bern“ hat sich der erklärte Fußballfan im Spiel mit seinem eigenen Sohn am wohlsten gefühlt. Am Tag vor dem Treffen mit Arnold Hohmann im Bochumer Schauspielhaus war Lohmeyer natürlich „aufm Platz“ bei den Schalkern, an denen sein Herz hängt.

In der Presse war zu lesen, Sie hätten mal wieder Lust auf Theaterspielen in Bochum gehabt. Und schon stehen Sie vor der Premiere mit „Opening Night“ von John Cassavetes. Was war es: Sehnsucht nach Bochum, nach diesem Theater oder einfach mal wieder nach dem Gefühl, auf einer Bühne zu stehen?

Peter Lohmeyer: Hauptgrund war sicherlich, mal wieder Theater zu spielen. Das habe ich schon zwei Jahre nicht mehr gemacht. Dann aber ist es mir auch nie unwichtig gewesen, wo ich spiele. Ich brauche einfach eine Beziehung zu dem Ort, zur Stadt, zum Publikum. Bei Bochum kommt auch sonst noch so einiges zusammen. Dies ist mein Lieblingshaus, hier hatte ich mein erstes Engagement. Hier gibt es immer noch Menschen, mit denen ich schon vor fast 30 Jahren zu tun hatte. Und ich behaupte mal, dass ich hier mit dem Publikum und der Stadt was anfangen kann. Es ist ein Teil meiner Heimat.

Wie kommt es, dass Ihr Wunsch so schnell in Erfüllung ging?

Lohmeyer: Ein Glück war es, dass hier gerade ein neues Stück in den Spielplan aufgenommen worden war, in dem auch eine Rolle für mich passte. Normalerweise wird man auf die nächste Spielzeit vertröstet oder darauf, dass man „ins Gespräch kommen“ muss. Aber man sieht, es ist manchmal noch ganz fruchtbar, einen Brief an den Intendanten zu schreiben. Und keine E-Mail.

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Konnten Sie mit John Cassavetes und speziell dieser Arbeit sofort etwas anfangen?

Lohmeyer: Ich bin ein großer Cassavetes-Fan, weil ich es bewundert habe, dass er mit seinen Schauspielern immer wieder zusammengearbeitet hat. Es war eine private und sehr fruchtbare Arbeit, die auch ein paar Filme hervorgebracht hat. In diesem Fall kannte ich den Film. Auch so ein Zufall.

Was war damals, 1984, ihre erste Rolle an diesem Haus?

Lohmeyer: Das Stück hieß „Was heißt hier Liebe“ und meine Partnerin war Julia von Sell. Man spielte im Foyer der Kammerspiele. Es war ein Riesenerfolg.

Warum das Theater sich neu überdenken sollte 

Dass Sie pro Jahr vier Filme abdrehen, die meisten davon fürs Fernsehen, ist keine Seltenheit. Da treffen Sie als ausgebildeter Schauspieler häufig auf Darsteller, die nie eine Schauspielschule von innen gesehen haben. Wo sind da die Unterschiede?

Lohmeyer: Man sollte eine solche Ausbildung nicht verpassen. Was ich da alles gelernt habe: das Sprechen, gerade zu laufen, richtig zu atmen, zu fechten, den Clown zu spielen. Und vor allem: Was ist zuhören? Eigentlich merke ich es immer sofort, ob Kollegen eine Ausbildung hatten oder nicht. Mit Ausbildung hast du eine viel größere Breite, das entwickelt eine größere Lust und eine größere Qualität. Meine Tochter ist jetzt in Berlin angenommen worden. Uns war klar: Will eines der Kinder in den Beruf, dann nur mit Schauspielschule. Oder es gibt keine Kohle vom Papa.

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Empfinden Sie auch, dass Theater derzeit in einer Krise stecken? Premieren gehen gerade noch, danach aber gähnen oft Löcher.

Lohmeyer: Da ist ein Vergleich mit Fußball gar nicht so weit hergeholt. Hier wie da geht es um Qualität, wie offen man ist gegenüber einer neuen Spielführung. Aber ja, das Unterhaltungsangebot ist derart reichhaltig geworden, es starten so viele neue Filme, dass ich mich manchmal selbst nicht entscheiden kann. Ich weiß nicht, ob sich in dieser Situation das Theater neu überdenken muss. Schon damals, 1984, war klar, dass wir auch nach draußen gehen mussten. Das Theater darf sich nie nur auf sich selbst zurückziehen.

Wie passt „Opening Night“, ein nicht gerade taufrisches Stück über die Lebenskrise einer Schauspielerin, in diesen Zusammenhang?

Lohmeyer: Das wird eine sehr gute Aufführung, es hat mit heute, es hat mit uns zu tun. Da nehme ich in Kauf, dass die Anreise aus Hamburg dreieinhalb Stunden dauert. Ich sehe es bei dieser Arbeit positiv: Ich darf nach Bochum fahren.

Ist es bei Ihrem gedrängten Terminplan nicht ziemlich schwierig, die nächsten Aufführungen zu terminieren?

Lohmeyer: Ich sehe zu, dass ich mit dem Theater alle gewünschten Termine hinbekomme. Nur im Mai musste ich einen absagen, weil ich da schon in Salzburg probe.

Was spielen Sie dort?

Lohmeyer: Im Jedermann spiele ich den Tod. Bisher hatte ich um Salzburg immer einen Bogen gemacht, weil das ja eigentlich in den Theaterferien liegt.

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Was hat Sie diesmal derart angezogen?

Lohmeyer: Ich hatte gelesen, dass der von mir sehr verehrte Julian Crouch eine neue Version des „Jedermann!“ ausprobieren möchte. Nun ist dieses Stück nicht unbedingt mein Wunschkonzert. Aber hier habe ich sofort eine E-Mail an Crouch in Brooklyn geschickt. Dann habe ich dem Salzburger Schauspielchef Sven-Eric Bechtold geschrieben, der mir dann den Tod anbot. Hätte ich mich nicht gerührt, die wären auf mich gar nicht gekommen. Aber nun stehe ich vor dem merkwürdigsten aller Stücke und an dem merkwürdigsten Ort.

Ist Bochum noch Ihr Begriff von Heimat?

Lohmeyer: Absolut, weil ich hier erwachsen geworden bin, eine Ausbildung gemacht habe und mein erstes Engagement hier stattgefunden hat. Ich habe noch Freunde hier und begegne in Bochum meiner Mutter im Alltag. In Bochum bin ich geerdet, da falle ich nicht nach zehn Stunden Probe in ein Loch.

Wenn ich an ihre Rollen denke in letzter Zeit, dann sehe ich fast immer ein ernstes Gesicht vor mir. Ist befreites Lachen nicht ihr Ding?

Lohmeyer: Ich spiele schon in Sachen, die man tragikomisch nennen könnte. Wie jetzt „Schenk mir dein Herz“ mit Paul Kuhn, oder demnächst „Eine Hand wäscht die andere!“ mit Ulrich Noethen. Aber dann muss ich auch schon überlegen. In dem aktuellen „Fünf Freunde“-Film spiele ich zumindest einen Bösen mit großer Lust am Bösen. Aber, sicher, hier in Bochum in „Opening Night“ gibt es auch nicht viel für mich zu lachen. Keine Ahnung wie der Tod in Salzburg wird.