Berlin. . Noch nie ist ein 20 Jahre alter Film im Wettbewerbsprogramm der Berlinale gelaufen. George Sluizers „Dark Blood“ wurde tatsächlich schon im Jahre 1993 gedreht - doch niemals beendet. Denn der Hauptdarsteller River Phoenix starb zehn Tage vor Abschluss der Dreharbeiten an einer Überdosis Heroin und Kokain.
Noch nie ist ein 20 Jahre alter Film im Wettbewerbsprogramm der Berlinale gelaufen. George Sluizers „Dark Blood“ wurde tatsächlich schon im Jahre 1993 gedreht - doch niemals beendet. Denn der Hauptdarsteller River Phoenix starb zehn Tage vor Abschluss der Dreharbeiten an einer Überdosis Heroin und Kokain. Phoenix galt damals als eine der größten Hoffnungen Hollywoods, eine Art James Dean der neuen Zeit. Filme wie „Flucht ins Ungewisse“, „Little Nikita“, My Private Idaho“ und „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ hatten ihn bereits mit 23 Jahren zur Kino-Ikone werden lassen - ein Ruhm, dem er offenbar nicht standhalten konnte.
Jetzt ist Regisseur George Sluizer mit dem nicht ganz fertigen Film „Dark Blood“ nach Berlin gekommen und zeigt ihn außer Konkurrenz. Er selbst spricht ein paar erklärende Worte zu Beginn, die fehlenden Szene füllt er jeweils mit einem Standbild und dem eingesprochenen Drehbuchtext. Das macht die Produktion noch interessanter; ein behutsamer Verfremdungseffekt: Das Unfertige des Films wird auf diese Weise geradezu zu einem dramaturgischen Geniestreich.
Film mit River Phoenix gehört jetzt einer Versicherungsfirma
Sluizer ist inzwischen selbst todkrank; auf Krücken begegnet er dem Publikum an der Spree. Doch es erfüllt ihn jetzt auch eine tiefe Zufriedenheit, das lang vergessene Filmmaterial endlich in einer passende Form gegossen zu haben. Die Besitzer, eine Versicherungsfirma, die nach dem tragischen Drehabbruch die Rechte übernahm, muss aber noch grünes Licht für den großen Kinostart geben.
„Dark Blood“ ist eine Art moderner Western, der in einer von Nukleartests verseuchten Wüste Amerikas spielt. River Phoenix ist der eigenbrötlerische Jung-Eremit, zu dem sich ein Ehepaar verirrt, dessen Wagen liegen geblieben ist. Es entwickelt sich eine amouröse Beziehung zwischen der Frau und ihrem Wüsten-Gastgeber, die mehr und mehr in Spannungen zwischen allen drei Beteiligten ausartet. Am Ende kommt es zu einem regelrechten Showdown, und River Phoenix’ letzte Worte lauten: „Ich weiß, dass ich sterbe.“
Wie ein Vermächtnis mutet „Dark Blood“ an, wie eine Mahnung, die aus der Vergangenheit doch noch in unsere Gegenwart hinüber gerettet worden ist. Die Wiederbegegnung mit einem Toten, der vor der Kamera abermals den eigenen Tod darstellt, hat etwas wirklich Berührendes. Dass daraus ein eigenständiges, überzeugendes Kunstwerk geworden ist, bleibt Sluizers Verdienst.