Berlin. . In den 1950ern beherrschte Anita Ekberg die Fantasie männlicher Kino-Besucher. Bei der Berlinale 2013 zeigte sich die große alte Dame des europäischen Films jetzt ihrem Publikum. Das gewisse Etwas hat sie immer noch.

Die Kinolegende geht am Stock, als sie die Bühne betritt, ihrer lädierten Hüfte wegen. Und eigentlich will man nicht glauben, dass diese einst blonde Schwedin von heute 81 Jahren einmal das Sexsymbol einer ganzen Generation war. Anita Ekberg, das war in den Fünfzigern und auch noch in den Sechzigern der Inbegriff der Verruchtheit auf der Leinwand, eine Diva mit glutvollen Augen und derart hervorstechenden Merkmalen, dass es nicht nur die Männer im Publikum, sondern auch ihre Filmpartner immer wieder betörte. Viele von ihnen, so hat sie später zugegeben, haben sie denn auch hautnah kennenlernen dürfen. Stars wie Tyrone Power, Errol Flynn, Yul Brynner, Frank Sinatra oder Gary Cooper gelten als ihre verbürgten Opfer.

Nun aber hat sie Platz genommen auf der Bühne des alterwürdigen Hebbel-Theaters in Berlin, um für die jungen Filmaspiranten beim Talent Campus der Berlinale ihren reichen Erinnerungsschatz zu plündern und dem Nachwuchs zu erklären, was man früher unter Entertainment verstanden hat. Und plötzlich sieht sie gar nicht mehr gebrechlich aus, nun funkeln ihre Augen, und sie weiß noch immer ihre Pointen zu setzen.

Anita Ekberg kann mit "Sexsymbol" nichts anfangen

Als ihr Gesprächspartner, der britische Filmhistoriker Peter Cowie, ihr wieder mal mit dem Begriff „Sexsymbol“ kommt, braust sie sogar auf. „Was ist das eigentlich?“, fragt sie ins Auditorium. „Kann mir das bitte mal jemand erklären.“ Nun, es gäbe da sicher so einiges, vor allem nach dem Blick auf ein paar sorgfältig ausgewählte Filmausschnitte.

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Wie sie da etwa in dem Kostümschinken „Zarak Khan“ (1956) vor Victor Mature ihren Mantel fallen lässt und sich ihm bauchfrei (eher schon: nacktbauchig) und mit knappstem Gold-BH präsentiert, das strahlt eine Erotik aus, wie man sie in unserer nackten Gegenwart kaum noch verspüren kann. Ihre Erinnerung an Victor Mature hingegen ist sehr viel prosaischer. Er sei ein eitler Fratz gewesen, der seine Stuntmen die ganze Arbeit habe machen lassen. „Wir nannten ihn nur Victor Menure“, erzählt die Ekberg, was ihr Gegenüber sehr vornehm mit „Pferdemist“ übersetzt.

Kinomomente mit Ewigkeitswert

Sehr viel bessere Erinnerungen hegt sie an Federico Fellini, mit dem die Schwedin Filmgeschichte schreiben durfte. Ihr nächtliches Bad in Roms Trevi-Brunnen mit Marcello Mastroianni aus „Das süße Leben“ gehört zu jenen Kinomomenten, die Ewigkeitswert besitzen. Eigentlich habe sie dieses Bad schon zwei Jahre früher genommen, damals für eine Serie von Modefotos. Fellini habe die Bilder zu Gesicht bekommen und habe diese Szene unbedingt in seinen Film über einen Boulevard-Journalisten (Mastroianni) auf der Suche nach den Geheimnissen der Prominenz einbauen wollen.

Die Modefotos seien im August entstanden, Fellini aber drehte im Januar, was die Leidenschaft der Schauspieler nicht wenig abgekühlt habe. Mastroianni, so die Ekberg heute, brauchte eine Flasche Wodka, bis er ins kalte Wasser gestiegen sei. Dreimal habe man das wiederholen müssen, sie selbst habe ihre Beine schon nicht mehr gespürt.

Keine Affäre mit Fellini

Die Arbeit mit Fellini sei überhaupt in jeder Beziehung eine Herausforderung gewesen. Auf die Frage nach einem Drehbuch habe der Regisseur nur die Schultern gezuckt und ihr geraten, ihre eigenen Dialoge zu schreiben. Nein, mit Fellini habe sie keine Affäre gehabt, beteuert sie, er sei einfach nicht ihr Typ gewesen. Früher soll sie das schon einmal anders begründet haben, soll den festen Glauben gehegt haben, er sei „schwul oder impotent“.

Anita Ekberg besitzt eine umfangreiche Filmographie. Ihren letzten Leinwandauftritt hatte sie dann 1987 in Fellinis dokumentarischer Selbstbespiegelung „Intervista“. „Da stand er plötzlich mit Mastroianni an der Haustür, eine große Topfblume im Arm, klingelte und ließ dieses Wiedersehen gleichzeitig filmen.“

Ob sie noch einmal drehen würde? Natürlich, Bette Davis habe schließlich auch mit 90 noch gedreht, nahezu blind. Und was gibt sie den jungen Filmbegeisterten mit? „Ich glaube nicht an Schauspielschulen“, erklärt die einstige Miss Schweden. „Ein Schauspieler muss es in sich haben.“