Essen. . Tosender Applaus für die „Drama Queens“ der Mezzosopranistin. Der amerikanische Weltstar sang jetzt zum Abschluss ihrer Tournee in der Essener Philharmonie – wunderbar geschmeidig wie ebenmäßig Figuren, die wahnsinnig vor Liebe und Eifersucht sind oder geschickt paktierende Intrigantinnen.
Die Essener Philharmonie mausert sich immer mehr auch zu einem Zentrum für Alte Musik im Land – nicht zuletzt durch die Reihe „Alte Musik bei Kerzenschein“. Dort waren in den letzten Wochen nicht nur bekannte Ensembles der Szene zu Gast. Vor allem die Gesang-Stars vom Counter Zarin Mehta über die wunderbare Anna Prohaska sorgten für Furore. Jetzt setzte dort die amerikanische Mezzo-Sopranistin Joyce DiDonato am Ende einer Tournee mit ihrem ambitionierten Programm „Drama Queens“ der Reihe – zumindest vorläufig – die Krone auf.
DiDonatos „Drama Queens“ – das sind die Königinnen, Prinzessinnen oder Zauberinnen der barocken Oper von Monteverdi bis Händel oder Hasse. Wahnsinnig vor Liebe, Eifersucht oder als geschickt paktierende Intrigantinnen lieferten all die Octavias, Cleopatras oder Berenices die Stoffvorlage für jenen barocken Vokal-Wahnsinn mit all seinen Trillern, Läufen aber auch jenen fast überirdisch schwebenden unendlichen Piani, den man später schlicht Belcanto nennen sollte.
Hochmusikalisch und makellos
Schlicht kommt dabei allerdings weder die Musik daher – und schon gar nicht Joyce DiDonato. Und das lag nicht an der ebenso üppigen wie wandlungsfähigen blutroten Robe der englischen Designerin Vivienne Westwood – ebenfalls ein Star ihrer Zunft – die es sogar bis ins Philharmonie-Programmheft schaffte. DiDonato hätte man auch in Jeans all jenen Koloratur-Irrsinn abgekauft, der eben nicht wie aus der mechanischen Pistole „geschossen“ kam, sondern sich wunderbar geschmeidig wie ebenmäßig entfaltete.
Dabei wählte sie ihre „Drama Queens“ – wie schon auf der gleichnamigen CD-Einspielung – geschickt zwischen den eher die üppige Mittellage der Stimme betonenden Szenen aus Cestis „L’Orontea“ oder der Ottavia aus Monteverdis „Krönung der Poppea“ und der bereits koloraturgeschwängerten „Berenice“ des fast vergessenen Händel-Zeitgenossen Giuseppe Maria Orlandini oder eben Händels berühmter Cleopatra aus dessen „Giulio Cesare“. Und der Star nahm diese Stücke ernst, hochmusikalisch, mit makelloser Technik, wunderbar schwebendem wie tragfähigen Piano. Eine DiDonato verschleudert eben nichts als Virtuosenfutter, sondern formt aus diesen Szenen packenden Miniatur-Dramen.
„Diese Stücke sind nicht tot, sie haben nur lange geschlummert“, befindet die Sängerin am Ende des Programms, dem sie nach tosendem Applaus drei Zugaben folgen lässt, darunter gleich zwei Mal ein berührendes „Lascia mi piangere“ des fast vergessenen Reinhard Kaiser. DiDonato behält Recht: Diese Musik ist nicht tot, vor allem nicht, wenn sie von Sängerinnen ihres Kalibers und der federnden Begleitung des Spezialensembles „Il Complesso Barocco“ unter Leitung Dmitry Sinkovskys zum Leben erweckt wird.