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In ihren Stimmlagen sind sie Superstars der Oper. Jetzt treffen Anna Netrebkos Sopran und Joyce DiDonatos Mezzo auf einer CD zusammen: Rossinis „Stabat Mater“
Der alte Sängerwitz, der „Troubadour” sei eigentlich ganz leicht zu besetzen, man brauche nur die vier besten Sänger der Welt, gilt nicht nur für Verdis Zigeunervendetta. In vielen Werken des opernsüchtigen 19.Jahrhunderts, in den italienischen besonders, sind die vokalen Anforderungen mörderisch. Der Ehrgeiz seiner Komponisten erlahmte auch bei gottgefälligen Werken nicht. Im Gegenteil: Vor Verdis „Requiem” und Rossinis „Stabat Mater” haben Sänger einen, pardon, Heidenrespekt.
2009 hat der italienische Dirigent Antonio Pappano in luxuriöser Besetzung (Villazon) das „Requiem” aufgenommen. Nun ist Rossinis „Stabat Mater” im Handel (EMI) - ein Belcanto-Licht im düsteren Spätherbst. Denn wie nicht selten bei Rossini (Otello, Elisabetta etc), ist der Text erwartbar tragisch, der Ton aber oft von ansteckender Zuversicht.
Leiden trifft Leichtes
„Stabat Mater”, das ist Jesu Mutter, die am Kreuz stand – ein Text der Liturgie, voll von Schmerz und Tränen, Qual und Dornen. Aber mit Rossini geht eben doch recht flott die Angst, zu langweilen, durch; die elegische Düsternis seiner Eröffnung, sie währt nicht lange. Und so haftet diesem kostbaren, aber in seiner opernhaften Spiritualität nicht unumstrittenen Werk der Ruf an, das Leiden Christi der leichten Muse zu übereignen.
Wie immer es sei - es bleibt ein Meisterwerk. Pappano hat starke Sänger geladen, das rhythmisch variantenreiche Mini-Drama zu deuten. Allen voran ist das Joyce DiDonato, deren Mezzo klagende Sinnlichkeit mit schönen Obertönen strahlen lässt. Wie sich im „Quis est homo” ihre Stimme mit dem hörbar gereiften Sopran Anna Netrebkos vereint, das ist schon hors categorie. Ildebrando D’Arcangelos geschmeidiger Bass meistert seinen Part ohne Macho-Farben. Und Lawrence Brownlee muss nicht kämpfen, wenn er die heiklen Tenor-Hürden des „Cujus aninam” nimmt.
Natürlich müssen solche Aufnahmen mit den langen Schatten der Referenz-Alben kämpfen, wie sie Thomas Schippers und vor allem Carlo Maria Giulini eingespielt haben. Aber neben dem schlüssigen, in sich vorbildlich harmonierenden Vokal-Quartett hebt das filigrane, nie überdehnte Dirigat Pappanos, dem die Accademia die Santa Cecilia mit traumhaften Holzbläsern und straffen, keineswegs weinerlichen Streichern folgt, diese Aufnahme schon recht weit nach oben.