Frankfurt/Main. .

Warum gerade dieses Buch? Oft fragt man sich, warum eine Jury so und nicht anders entschieden hat. Nicht jedoch beim diesjährigen Deutschen Jugendliteraturpreis. Die prämierten fünf Bücher sind allesamt ein Gewinn.

Der Deutsche Jugendliteraturpreis wird in fünf Kategorien vergeben:

Bilderbuch

Einmal bei der Freundin übernachten! Für die kleine Mia ist das ein Traum, doch in der Realität wird die Nacht bei Cerisia nicht ganz so traumhaft. Der schicke Flur der Familie riecht so komisch, das Essen ist klebrig und das Wassereis will die Freundin nicht mit ihr teilen. Verwandelt sich der Traum gar in einen Albtraum? „Mia schläft woanders“ (Oetinger, 40 S., 12,95 Euro, ab 5) heißt die als bestes Bilderbuch prämierte Geschichte.

Pija Lindenbaum erzählt sie in Text und Bild erfrischend nah an der Wirklichkeit, in der Erwartungen nicht immer erfüllt werden und Fremdes einem Angst einjagt. Traumschön sind andere Bücher, bei diesem fühlen sich Kinder aber verstanden.

Kinderbuch

Kinder können grausam sein: Sie kränken schon mal einen Mitschüler, um nicht einen guten Scherz zu verschenken, einen, der sich so gut reimt wie dieser: „Frerk, du Zwerg!“ (Bloomsbury, 96 Seiten, 16 Euro, ab 7).

Der Deutsche Jugendliteraturpreis für Illustratorin Ran Flygenring und Autor Finn-Ole Heinrich von  „Frerk, du Zwerg!“ (Foto: dapd).
Der Deutsche Jugendliteraturpreis für Illustratorin Ran Flygenring und Autor Finn-Ole Heinrich von „Frerk, du Zwerg!“ (Foto: dapd).

Doch Frerk kennt die Lösung seines Problems: „Ein Hund, so groß wie eine junge Kuh, mit einem Fell, lang und zottelig wie von einem Büffel aus Amerika, in dem man sich festkrallen und das einen wärmen kann.“

Leider reagiert Frerks Mutter allergisch auf Hunde – und auch auf sonst alles. Plötzlich findet der Junge ein Ei. Und was sich unter dessen Schale verbirgt, steht für ein großes Abenteuer. Finn-Ole Heinrich erzählt sehr fantasievoll und nimmt zugleich Kinder mit ihren Nöten und Träumen ernst. Ein außergewöhnliches Kinderbuch, ebenso auffallend sind die Zeichnungen von Rán Flygenring.

Sachbuch

Kinderbücher über Philosophie sind mittlerweile keine Seltenheit mehr, und doch ist dieses Sachbuch etwas Besonderes: „Was, wenn es nur so aussieht, als wäre ich da?“ (Gabriel Verlag, Aus dem Französischen von Norbert Bolz, 96 S., 14,90 Euro, ab 10). Die Texte von Oscar Brenif ier, Doktor der Philosophie, über Sein und Schein, Vernunft und Leidenschaft, Natur und Kultur sind erhellend, aber für Kinder auch anspruchsvoll verfasst. Trotzdem leuchten die Gegensätze sofort ein, da Jacques Després sie mit seinen kleinen Männchen nachstellt.

Das sind Illustrationen, an denen man sich einfach nicht sattsehen mag. Zum Glück gibt es bereits jetzt schon Nachschlag: „Was, wenn ich nicht der wäre, der ich bin?“ (64 S., 14,95 Euro, ab 12) lautet der zweite Band. Dieses Mal werden gegensätzliche Charaktere betrachtet: der Temperamentvolle und der Zurückhaltende, der Ernsthafte und der Verspielte, der Idealist und der Realist. . . Bitte mehr davon!

Jugendbuch

Das Gegenteil von „behütet aufwachsen“ erlebt der 17-jährige Ich-Erzähler in Nils Mohls Roman „Es war einmal Indianerland“ (Rotfuchs, 347 S., 12,99 Euro, ab 16). Er wohnt in einer schäbigen Vorstadt-Siedlung und erlebt mit, wie der Vater eines Freundes seine Frau umbringt.

Nils Mohl wurde für das im Rowohlt Verlag erschienene Buch
Nils Mohl wurde für das im Rowohlt Verlag erschienene Buch "Es war einmal Indianerland" ausgezeichnet. (Foto: dapd)

Erst später erfährt der Leser, dass der Freund und der Ich-Erzähler ein- und dieselbe Person sind. Mohl spielt die Geschichte vor und zurück und markiert dies durch Zeichen wie auf einem CD-Spieler. Das passt in unsere Zeit, zu den schnelllebigen Medien. Doch dieses Buch, in dem schließlich eine unkitschige Liebe etwas Glück bringt, wirkt lange nach.

Preis der Jugendjury

Manchmal berührt die Geschichte, wie ein Buch entstanden ist, genauso wie der Roman selbst: „Sieben Minuten nach Mitternacht“ (cbj, 215 Seiten,16,99 Euro, ab 11). Die Idee dazu hatte Siobhan Dowd. Doch die Autorin starb an Krebs, bevor sie über den kleinen Jungen schreiben konnte, der seine Mutter nach langer Krankheit verliert.

Erst Patrick Ness erzählt nun die traurig-schöne Geschichte, einfühlsam und nicht nur für junge Leser. Beim Goldmann-Verlag ist das gleiche Buch mit einem weniger verspielten Aussehen für Erwachsene erschienen.