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Seine Bilder erinnern an Ameisenhaufen mit Mini-Menschen. Kinder lieben sie seit Jahrzehnten. Nun wird ihr Erfinder 75: Ali Mitgutsch über das erste Wimmelbuch und die Nachahmer seiner Bilderbuchkunst. Plus: eine Auswahl aktueller Bücher.

Dieser Strand ist derart voll, dass man am liebsten das Weite suchen möchte. Doch für Kinder ist er seit Jahrzehnten ein willkommener Ort, zu dem sie gedanklich reisen. Ali Mitgutsch hat diesen menschlichen Ameisenhaufen gemalt. Der Autor gilt als Erfinder der Wimmelbücher, die heute in kaum einem Kinderbuch-Verlag und -Regal fehlen dürfen. Sie geben Anlass für Fragen und Geschichten. Und das ohne Worte. Nun wird Ali Mitgutsch am 21. August 75 Jahre alt.

Eltern müssen Geschichten erfinden

Er hat es den Eltern nicht leicht gemacht: Während sie bei Bilderbüchern den Text vorlesen können, müssen sie bei den Wimmelbüchern Geschichten erfinden und auf die vielen Warums eine Antwort wissen. „Wenn man aber ein Kind berührt, mit dem, was man erzählt, dann sitzt es da mit großen Augen. Das ist ein sagenhaftes Erfolgserlebnis“, sagt der Vater von drei Kindern.

Strandszene von Ali Mitgutsch: Mein schönstes Wimmel-Bilderbuch, Ravensburger
Strandszene von Ali Mitgutsch: Mein schönstes Wimmel-Bilderbuch, Ravensburger © Ravensburger | Ravensburger

„Ich hatte selbst eine traurige Kindheit, bin hin- und her- evakuiert, bis ich keine Freunde mehr hatte.“ Da erfand er sich welche : „Ein großer Starker und ein kleiner Schlauer.“ Das Glück der eigenen Fantasie hat sich der Alfons mit dem Spitznamen Ali bis heute bewahrt. Und vielleicht auch geerbt: „Meine Mutter konnte so wunderbar Geschichten erzählen.“ Nur wegen dieser Geschichten ging er mit ihr auf anstrengende Wallfahrten in Bayern. Und dort sah er Dioramen und Krippen, in denen es von Figuren und Geschichten wimmelte. Daran erinnerte er sich in den 60er-Jahren und erfand seine Wimmelbücher.

Pädagogen behaupteten, die Bücher überforderten die Kleinen. Doch Mitgutsch freut sich heute: „Die Kinder haben sie eines Besseren belehrt.“ 1969 wurde er für sein erstes Wimmelbuch „Rundherum in meiner Stadt“ mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis geehrt.

Auf seinen Bildern wird gestritten und geärgert, und dann wird sich umarmt und geküsst. „Ich möchte nicht die heile Welt zeigen, sondern die heilbare Welt“, sagt Mitgutsch. Und zeigt alles, was man auch sehen kann, wenn man im Alltag genau hinschaut. So betrachtet er seine Bücher auch als eine Schule des Sehens. Sie wurden allein in Deutschland über 5 Millionen Mal verkauft, zum Teil in einem riesigen Buchformat, in dem ein Kind versinken kann.

In Amerika tragen die Nackedeis Badehosen

„In Amerika sind meine Bücher jahrelang nicht aufgelegt worden“, amüsiert sich Mitgutsch. Verwunderlich, wo bei ihnen doch die Übersetzung wegfällt. Die „Nackedeis“ am FKK-Strand seien zu heikel gewesen. „In den USA tragen sie heute Badehosen.“

Das Kapitel Wimmelbuch hat Mitgutsch abgeschlossen. Zurzeit arbeitet er an einem Märchenbuch. Auf die Frage, ob er sich über die zig neuen Wimmelbücher anderer Autoren ärgert, sagt er versöhnlich: „Solange meine Bücher nach meinem Dafürhalten besser sind, stört mich das nicht.“

Hier sehen Sie eine Auswahl an aktuellen Wimmelbüchern.