Salzburg. Schwarzmarktkarten bis 900 Euro und langes Stehen beim Public Viewing: Für ihre „Anna“ ist den Netrebko-Fans nichts zu schwer. Jetzt wurde die russische Sopranistin in Salzburgs neuer „Bohème“ gefeiert. Aber eigentlich ist egal, was der Superstar singt...

Salzburg – endlich! Sie ist wieder da. Anna Netrebko, die Millionen vor die Mattscheibe lockt, Tausende ins Große Festspielhaus und noch mehr zum Public Viewing in warmer Sommernacht auf dem Kapitelplatz hinter dem Salzburger Dom. Hier in T-Shirt und kurzer Hose, dort in Smoking und wallenden Seidenroben. Anna ist wieder da. Da atmen Opernfans auf, ebenso Hoteliers, Juweliere und Würstchen-Verkäufer.

Was sie singt? Ist eigentlich egal. Dass sie singt – an sieben Abenden bis Ende August die Mimi in „La Bohème“ – ist entscheidend. Klar, dass selbst die teuersten Karten von 400 Euro seit fünf Monaten ausverkauft sind und in den letzten Tagen auf dem Schwarzmarkt die 900 Euro-Marge überschritten haben.

Zehn Jahre ist es her, dass ihr eigentlich lyrischer Sopran mit dunkler Farbe und Schmelz in den höchsten Registern auf derselben Bühne entdeckt wurde - als Donna Anna in Mozarts „Don Giovanni“. Das war der Beginn einer im Opernbetrieb fast beispiellosen Karriere.

Sie gibt lächelnd Autogramme

Trotz ihrer Bekanntheit ist sie die alte geblieben. Anna läuft mit Erwin Schrott, Freund und Vater ihres Sohns, durch die Gassen, gibt lächelnd Autogramme, wenn sie auf der Terrasse des Künstler-Restaurants Triangel entdeckt wird. Manche Touristen lächelt sie selbst im Schlaf an: denn einige Hotelzimmer sind neuerdings ausgestattet mit Fototapete – darauf eine Szene aus der Salzburger „Traviata“ von 2005. Und im neuen Hochglanz-Magazin „Festspiele“ leuchtet ihr Konterfei auf Seite Zwei: da schaut sie verführerisch in die Kamera und wirbt für ein Nobel-Schmuck-Label. Auch das ist Anna – Königin aller Kassen.

Aber auch Regentin auf der Bühne. Da stört kaum die belanglose Regie von Damiano Michieletto, der den Puccini-Klassiker in die raue Beton-Welt des heutigen Paris platziert. Eine Müllhalde in der Studenten-WG, vereiste Autobahnstrecken, Paris-Plakate oder eine riesig vergrößerte Straßenkarte der Seine-Metropole mit beleuchteten Lego-Häusern – Tableaus, die die Armut im Studentenmilieu von pittoresker Verniedlichung befreien wollen, aber in dieser putzigen Form eher in ein Stadttheater denn in ein Festspielhaus passen.

Trotz Schmuddel: Sie ist die Königin

Und Anna als an Tuberkulose sterbende Mimi? Schwindsüchtig sieht die Netrebko gerade nicht aus. Doch trotz Schmuddellook in Leder- oder schlammgrauer Wolljacke – sobald sie ansetzt zu den Puccini-Schlagern wie „Mi chiamano Mimi“, ist sie Königin. Ihre Stimme strömt balsamisch in den Höhen, mit denen sie die Hörer verschwenderisch verwöhnt. Mühelos meistert sie alle Hürden, kämpft um keinen Akkord – im Gegenteil: Mit 40 ist ihr Sopran reifer, farbiger und noch sicherer geworden. Nur selten hört man Intonations-Unsicherheiten. Leidenschaft oder metaphysische Tiefe indes nimmt man ihr weniger ab. Darstellerisch ist hier eh kaum etwas zu erwarten, weil Michieletto jede Personenregie einfach verweigert. Anna macht’s.

Ach ja, sie war ja nicht alleine auf der Bühne. Der traumhafte Belcanto-Tenor des Polen Piotr Beczala, der bereits in großen Musentempeln reüssiert hat, besteht sein Salzburg-Debüt mit Bravour und erntet genauso viel Jubel wie Anna. Packend und anrührend gestaltet er die Rolle des Literaten Rodolfo und sein Leiden an der unglücklichen Liebe zu Mimi. Der sympathisch uneitle Tenor (leider noch nicht in NRW aufgetreten) bietet alles: natürliche, nicht forcierte Höhen, Kraft, in manchen Phrasen erinnert er an die Legende Fritz Wunderlich, hat aber auch einen Schuss Italianità. Festspielwürdig ebenso der wohlig strömende Bariton von Massimo Cavaletti (als Maler Marcello) – und natürlich die Wiener Philharmoniker. Unter Daniele Gatti laufen sie zu Höchstform auf, setzen auf Tempo, knallige Akzente und liefern einen hitzigen Puccini. Fazit: musikalisch eine geradezu CD-reife Aufführung und ein Fest der Stimmen.

Ben Becker als "Tod"

Der 44 Jahre alte Ben Becker ...
Der 44 Jahre alte Ben Becker ... © ddp
... verkörperte mit donnernder Stimme den
... verkörperte mit donnernder Stimme den "Tod" ... © AP
... in Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel
... in Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel "Jedermann", ... © AP
... das seit 1920 jedes Jahr bei den Festspielen aufgeführt wird.
... das seit 1920 jedes Jahr bei den Festspielen aufgeführt wird. © AP
Damit trat Ben Becker ...
Damit trat Ben Becker ... © AP
... in die Fußstapfen seines Ziehvaters Otto Sander, ...
... in die Fußstapfen seines Ziehvaters Otto Sander, ... © ddp
... der die Rolle 1988 an der Seite von
... der die Rolle 1988 an der Seite von "Jedermann" Klaus Maria Brandauer gespielt hatte. © ddp
Das Stück handelt vom Leben eines
Das Stück handelt vom Leben eines "reichen Mannes", ... © AP
... der erst im Angesicht des Todes dem Geld entsagt und zu Demut und Barmherzigkeit findet.
... der erst im Angesicht des Todes dem Geld entsagt und zu Demut und Barmherzigkeit findet. © AP
Becker war für seine Rolle am ganzen Körper silbrig-grau geschminkt ...
Becker war für seine Rolle am ganzen Körper silbrig-grau geschminkt ... © AP
... und agierte wie gewöhnlich mit
... und agierte wie gewöhnlich mit "Grabesstimme". © AP
Während des berühmten Gastmahls ...
Während des berühmten Gastmahls ... © AFP
... auf den Stufen des Salzburger Doms ...
... auf den Stufen des Salzburger Doms ... © AP
... erschien er dem von Peter Simonischek verkörperten
... erschien er dem von Peter Simonischek verkörperten "Jedermann" ... © AP
... und bedeutete ihm
... und bedeutete ihm "Nun ist Geselligkeit am End." © AP
Becker zählt zu den populärsten und vielseitigsten Schauspielern der jüngeren Generation in Deutschland.
Becker zählt zu den populärsten und vielseitigsten Schauspielern der jüngeren Generation in Deutschland. © AP
Er feierte Erfolge sowohl auf der Bühne als auch in Film und Fernsehen.
Er feierte Erfolge sowohl auf der Bühne als auch in Film und Fernsehen. © AP
Im Sommer 2007 überstand Becker eine schwere Drogenkrise.
Im Sommer 2007 überstand Becker eine schwere Drogenkrise. © ddp
Im Herbst desselben Jahres präsentierte er zusammen mit dem Filmorchester Babelsberg und der Zero Tolerance Band erstmals seine monumentale Bühnenshow
Im Herbst desselben Jahres präsentierte er zusammen mit dem Filmorchester Babelsberg und der Zero Tolerance Band erstmals seine monumentale Bühnenshow "Die Bibel", mit der er seither durch Deutschland tourt. © ddp
Darin liest Becker Texte aus dem Alten und Neuen Testament. Musikalisch verbunden werden die Bibel-Zitate mit von Becker selbst gesungenen Pop-Songs und klassischen Musikstücken.
Darin liest Becker Texte aus dem Alten und Neuen Testament. Musikalisch verbunden werden die Bibel-Zitate mit von Becker selbst gesungenen Pop-Songs und klassischen Musikstücken. © AP
Zum letzten Mal ...
Zum letzten Mal ... © AP
... steht in dieser Festspiel-Saison ...
... steht in dieser Festspiel-Saison ... © AP
... der österreichische Schauspieler ...
... der österreichische Schauspieler ... © AP
... Peter Simonischek als
... Peter Simonischek als "Jedermann" ... © AFP
... auf der Freiluftbühne vor dem Dom.
... auf der Freiluftbühne vor dem Dom. © AFP
Er hatte die Titelrolle ...
Er hatte die Titelrolle ... © AP
... des reichen Mannes ...
... des reichen Mannes ... © AP
... in Hofmannsthals Mysterienspiel ...
... in Hofmannsthals Mysterienspiel ... © AFP
... so oft verkörpert wie kein anderer Schauspieler in Salzburg vor ihm.
... so oft verkörpert wie kein anderer Schauspieler in Salzburg vor ihm. © AP
Sophie von Kessel wird noch einmal die
Sophie von Kessel wird noch einmal die "Buhlschaft", ... © AP
... die Geliebte des
... die Geliebte des "Jedermann" verkörpern. © AP
Peter Jordan in der Rolle des Teufels.
Peter Jordan in der Rolle des Teufels. © AP
2010 Jahr wird der österreichische Burgtheaterschauspieler Nicholas Ofczarek erstmals als
2010 Jahr wird der österreichische Burgtheaterschauspieler Nicholas Ofczarek erstmals als "Jedermann" auf der Salzburger Freilichtbühne stehen, ... © AFP
... mit Birgit Minichmayr ...
... mit Birgit Minichmayr ... © AP
... als Buhlschaft.
... als Buhlschaft. © AP
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