Köln. . Das Traumpaar der internationalen Opernszene, Anna Netrebko und Erwin Schrott, startete zur Deutschland-Tour in Köln. Die beiden Stars zeigten sich vollkommen ohne Allüren. Die Karten kosteten bis zu 413 Euro.
Die Hochzeitsglocken zum Ja-Wort von Albert und Charlene waren kaum verklungen, da hielt das Traumpaar der internationalen Opernszene in der rappelvollen Kölner Philharmonie Hof. Zu fürstlichen Eintrittspreisen bis 413 Euro, aber ohne Trauschein und steife Hofetikette, starteten Anna Netrebko und Erwin Schrott ihre erste Tournee durch deutsche und österreichische Städte.
Zwei Stars ohne Allüren, die mit dem Publikum ebenso virtuos und locker flirten wie miteinander und nach einem dreistündigen Konzertmarathon noch Autogrammwünsche erfüllten. Sie verstehen sich prächtig, die russische Sopranistin und der ein Jahr jüngere Bariton aus Uruguay. Der Kuss am Ende der letzten Zugabe aus der „Lustigen Witwe“ („Lippen schweigen, s’flüstern Geigen, hab’ dich lieb“) wirkt erfrischend aufrichtig.
Berückende Sinnlichkeit
Dabei beherrschen die beiden das Instrumentarium professioneller Verführungskünste in Perfektion, wenn es um das Publikum geht. Wenn Schrott als Kurpfuscher Dulcamara einem Besucher eine Flasche des „Liebestranks“ von Donizetti verkauft und ihn gleich um die ganze Brieftasche erleichtert, wenn die Netrebko durchs Orchester eilt, um den Blumenstrauß eines Verehrers aus dem ersten Rang aufzufangen, gehört das zur Show. Aber nicht nur. Was die beiden auf die Bühne bringen, wirkt natürlich und sympathisch. Auch äußerlich: Anna Netrebko verzichtet auf jeden Diät-Kult und strahlt eine berückende Sinnlichkeit aus. Und Erwin Schrott bleibt auch mit weiß gefärbtem Irokesen-Schnitt ein Bilderbuch-Latino.
Liebesduette für Sopran und Bariton sind leider rar. Neben der Zugabe kam man sich deshalb nur im letzten Stück des Programms näher, und zwar als „Porgy and Bess“ in Gershwins einziger Oper. Gemeinsam traten sie zuvor als Adina und Dulcamara im „Liebestrank“ in Erscheinung. Schrott ist vom ersten Takt an in Hochform, mit einer pointierten Register-Arie als Leporello aus Mozarts „Don Giovanni“ und mit einem grandiosen „Rondo vom goldenen Kalb“ als Mephisto aus Gounods „Faust“. Seine Partnerin hatte ihre ganz großen Auftritte im zweiten, ernsteren Teil. So mit Höhenflügen als Leonora in Verdis „Troubadour“ oder der Sterbeszene aus Puccinis „Manon Lescaut“.
Akzeptables Orchester-Niveau
Dank des Gürzenich Orchesters unter Leitung von Claudio Vandelli war ein akzeptables orchestrales Niveau gesichert, das das vieler ähnlicher Solo-Recitals überstieg.
Bei den Konzerten auf dem Münchner Königsplatz (29. Juli), in der Wiener Stadthalle (6. August) und auf der Berliner Waldbühne (16. August) treten die beiden gemeinsam mit Star-Tenor Jonas Kaufmann auf. Für den 6. Juni 2012 ist ein Konzert auf dem Münsteraner Schlossplatz vorgesehen.