Gelsenkirchen. Die Visitenkarte lässt sich lesen: Bridget Breiner ist die neue Ballettchefin des Musiktheaters im Revier. Sie eröffnete mit „Großstadt-Triptychon“ erfolgreich die Tanz-Spielzeit.
Gelungener Einstand für Bridget Breiner (37), die Nachfolgerin von Ballettchef Bernd Schindowski am Musiktheater im Revier (MiR): Mit der zweieinhalbstündigen Inszenierung „Großstadt-Triptychon“ liefert sie eine sehr stimmige Visitenkarte ab.
Dabei hatte sich die gebürtige Amerikanerin, die in dieser Spielzeit zunächst als Gastchoreografin am MiR tätig ist und erst zur Spielzeit 2012/13 das Regiment des neu benannten „Balletts im Revier“ übernimmt, für diesen Vorgeschmack keine leichte Kost ausgesucht.
Drei Kurzopern treffen an diesem Abend aufeinander, das ist für sich schon ein Experiment – und dann noch allesamt in Verbindung mit Ballett. In Gelsenkirchen gelingt das unter anderem auch durch den fabelhaften Einsatz des Dirigenten Clemens Jüngling und der Neuen Philharmonie Westfalen. In Stefan Wolpes Komposition „Zeus und Elida“ von 1928, die gemeinhin als technisch unspielbar gilt und am MiR ihre szenische Uraufführung erlebt, prallen zwei Welten aufeinander, als sich Göttervater Zeus auf dem von Bühnenbildner Jürgen Kirner kubistisch ausstaffierten Potsdamer Platz in ein „leichtes Mädchen“ verliebt. Rings umher herrscht das Chaos, zu bizarrer Musik, die den Free-Jazz vorwegnimmt.
Einsamkeit in der Masse
Das lichtet sich erst im nächsten Stück, Edmund Nicks „Leben in dieser Zeit“. Breiner lässt die Geschichte über Einsamkeit inmitten einer Massenbewegung auf mehreren Ebenen wie einen Film ablaufen. Oben wird gesungen, während im Keller der Tanz das tiefer gehende Psychodrama ganz ohne Worte erzählt.
Geschmeidig, fließend
Da ist der dritte Flügel dieses „Großstadt-Triptychons“ schon direkter. Im „Mahagonny-Songspiel“ von Kurt Weill und Bert Brecht gibt es nunmal keinen doppelten Boden. Erstmals an diesem Abend gewährt Bridget Breiner einen völlig unverstellten Blick auf ihre Choreografie, für das Ballett wird hier sogar ein roter Teppich ausgerollt. Geschmeidig und fließend, mit vielen klassischen Elementen choreografiert Breiner die Bewegungen, zwischendurch streut sie Zeichensprache ein – eines ihrer Markenzeichen. Augenzwinkernd widmet die Amerikanerin sogar dem Kaugummi eine eigene Tanzszene. So als wolle sie sagen: Heute bringen Amerikaner statt Kaugummi den Tanz nach Europa. Nicht klebrig und zäh, sondern als geschmackvolle Abwechslung zum Einheitsbrei.