Essen. . Der Fall Bochum wird nicht der letzte bleiben: Plädoyer für die Vereinigung der 20 Revier-Häuser zu einem Groß-Verbund – beim Regionalverband Ruhr oder bei einer Stiftung

Noch ist die Schließung des Bochumer Kunstmuseums nur eine Verwaltungsfantasie, geboren aus überbordender Verschuldung und ungeahnter Ignoranz. In einem einmaligen Anfall von banausischer Verrohung und entwaffnender Ehrlichkeit zog die Bochumer Bürokraten-Kom­mission gar den Verkauf der seit den 60er-Jahren entstandenen Sammlung ins Kalkül – und gestand ein, dass man gar nicht in der Lage ist, den Wert der Sammlung zu beziffern. Sie ist ja auch durch Stiftungen und Schenkungen gewachsen, die dem Museum übereignet wurden, nicht der Stadt Bochum.

Dass der Schließungs-Gedanke überhaupt aufkam, deutet aber auch auf ein Manko hin, an dem nicht nur das Bochumer Museum laboriert. Auch andere Häuser in den Städten ringsum haben der Politik, der Bevölkerung, den Entscheidern die eigene Unersetzlichkeit nicht genug klargemacht. Es kämpft seit Monaten das Kunstmuseum in Mülheim gegen die Schließung, und es kämpft auch manch anderes Museum im Stillen.

Vielleicht rächt sich jetzt, dass die kleineren Kunstmuseen sich nicht rechtzeitig in den Geleitschutz solcher Dickschiffe wie Folkwang und Lehmbruck begeben haben.

Ja, die Kulturhauptstadt hat bewirkt, dass sich die 20 „Ruhrkunstmuseen“ gemeinsam vermarkten und gelegentlich Programme aufeinander abstimmen. Es wäre aber wohl der richtige Moment gewesen, die Trägerschaft der bislang städtischen Museen neu zu organisieren. Besucht werden auch kleinere Museen, wenn sie sehenswerte Ausstellungen machen, längst von einem Publikum, das nicht nur aus der eigenen Stadt stammt, sondern aus der gesamten Region. Warum werden Finanzierung und Verwaltung nicht in die Hände des Regionalverbands Ruhr gelegt, den die Städte und Gemeinden gemeinsam finanzieren? Oder in die einer Stiftung? Gibt es nicht nur ein Kirchturms-, sondern auch ein Leuchtturmsdenken? Ego­ismus pur? Oder Behagen an eingefahrenen Gleisen?

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Bergbau- und Ruhrmuseen hüten geradezu vorbildlich die Vergangenheit der Region, die Kunstmuseen könnten für ihre Offenheit in die Zukunft stehen. Zusammengenommen sind die Häuser von Duisburg bis Unna eine Macht, mit der im Hinblick auf die (deutsche) Kunst des 20. Jahrhunderts kaum ein Standort konkurrieren kann. Das Folkwang als Gemälde- und Fotografie-Museum, das Lehmbruck als Skulpturen-Hort (mit dem Marler „Glaskasten“), die Küppersmühle mit der Sammlung Ströher als republikweit größte zur Kunst nach 1945 (weshalb der Ausbau dringend nötig ist), das Bottroper Quadrat mit seiner Expertise zur Konkreten Kunst oder die Lichtkunst in Unna, monografische Häuser wie das Schumacher-Museum Hagen – manche Häuser haben ein Profil, andere könnten es schärfer herausstellen, wenn alle Teil einer großen Ruhrgebietssammlung wären.

Ja, es würde den einen oder anderen Machtverlust bedeuten. Aber zu gewinnen wäre mehr – nicht nur an Strahlkraft, sondern auch an Sicherheit für die einzelnen Häuser. Vor allem für die kleineren, die durch die Austrocknung ihrer Etats ja kaum noch in der Lage sind, attraktive Ausstellungen zu stemmen, was wiederum teufelskreisartig die Besucherzahlen schmälert.

Sammeln, Bewahren

Nun ist das Zeigen nur eine der drei Aufgaben, denen Museen nachgehen, das Sammeln und das Bewahren gehören dazu. Und vielleicht wären mit einem echten Verbund der Ruhrkunstmuseen auch so fähige Museumsleiter wie Folkwang-Chef Hartwig Fischer leichter im Revier zu halten. Der wechselt bekanntlich im Frühjahr an die Spitze der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Die bestehen eben nicht nur aus Raffaels „Sixtinischer Madonna“, sondern aus zwölf Museen.