Bochum. Die Jahrhunderthalle in Bochum hat sich zum Hauptspielort der Ruhr-Tiennale entwickelt. In der Industriekathedrale waren Höhenflüge der Qualität in einem hoch ambitionierten Programm zu erleben: Einigen war's zu ernst - denen hat Intendant Willy Decker für 2010 Abhilfe versprochen.

Günter Grass hätte es gefallen, wenn sein Freund, der israelischen Dichter Amos Oz, den Literatur-Nobelpreis bekommen hätte. Das äußerte der Blechtrommel–Autor jetzt in den Medien. Da jedoch die Zeit, da Wünschen noch geholfen hat, vorbei ist, ging die Auszeichnung bekanntlich an die Deutsch-Rumänin Herta Müller. Die Lesung mit Amos Oz indessen bildete einen Abschluss der Ruhr-Triennale in der Jahrhunderthalle, wie er kaum besser hätte ausfallen können. Ein international gefeierter Autor an der Ruhr, im Westpark, das bestätigte noch einmal die Qualität und das Niveau, das die Festpielwochen in der ersten Saison von Intendant Willy Decker im Besonderen ausgezeichnet hat.

Nun ist es still geworden

Willy Decker in der Bochumer Jahrhunderthalle. Foto: Ruhrtriennale
Willy Decker in der Bochumer Jahrhunderthalle. Foto: Ruhrtriennale © Bernd Thissen qw

Nun ist es wieder still rund um die Industriekathedrale, und es bleibt nur noch die Erinnerung an die Höhepunkte eines hoch ambitionierten Programms, dem man im Vorhinein nur Glück wünschen konnte, dessen Anklang beim Publikum jedoch keineswegs sicher war. Intendant Willy Decker war denn auch entsprechend nervös. Doch die Vorarbeit, die Gerard Mortier und Jürgen Flimm geleistet haben, beide dem Nur-Populistischen durchaus unverdächtig, zahlte sich für den dritten Intendanten des Ruhr-Festivals aus.

Das Triennale-Publikum goutiert mit Aufmerksamkeit auch die sperrigsten Regieeinfälle, die abgelegensten Themen: Und in dieser Hinsicht setzte Willy Decker neue, noch anspruchsvollere Maßstäbe. Spiritualität in unterschiedlichsten Religionszusammenhängen: Ein Themenkreis, der normalweise bei der VHS oder im Gemeindehaus eine Chance hätte, zog das Publikum in Massen an. Für die Bochumer besonders erfreulich: Die Jahrhunderthalle entwickelte sich einmal mehr zum Zentrum der Triennale; ein wenig Glanz musste da allenfalls an die grandiose Inszenierung von Kleistens „Der zerbrochene Krug” durch Andrea Breth auf der Essener Kokerei Zollverein abgegeben werden.

Magie und Begeisterung

Wer hätte je daran geglaubt, dass so kurz nach der umjubelten Inszenierung von Zimmermanns Oper „Die Soldaten” in der Jahrhunderthalle ein weiteres sperriges Werk der Musikliteratur ähnliche Magie und Begeisterung vermitteln und auslösen kann? Sicherlich ist es eine persönliche Geschmacksfrage, ob der Musikfreund die Deutung von Zimmermanns „Die Soldaten” oder jene von Schönbergs „Moses und Aron” höher einstuft - es wird sich dabei nur um eine graduelle Unterscheidung handeln. Fest steht jedenfalls, dass in der Jahrhunderthalle in kurzer Frist zwei Operninszenierungen zu erleben waren, die als „Wunder” gelobt werden.

Nach der Premiere von „Moses und Aron” hatte es in der veröffentlichten Meinung Unkenrufe gegeben, die Schönberg-Oper hätte einen Etat von vier Millionen Euro verschlungen - eine unglaubliche Summe in der Tat. Und so war es dann auch nicht. Willy Decker betonte, dass die Produktionskosten mit drei Millionen Euro „etwas höher als bei den Soldaten” gelegen hätten. Das habe sich dadurch ergeben, „dass wir einen großen Chor engagieren mussten”.

Zu ernst und schwerblütig

Manchem war das erste Programm des neuen Intendanten zu ernst, zu schwerblütig. Intendant Willy Decker versprach Abhilfe in der neuen Saison. Wie es ihm allerdings gelingen wird, das Thema Islam mit einer heiteren Note zu versehen, dass muss zunächst sein Geheimnis bleiben. Also abwarten bis zur Saison 2010.