Dirty Dancing - Mambo mit Muskelspiel in Oberhausen
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Oberhausen. . Nach diesem Abend gilt es Abbitte zu leisten. Bei Stephan und Michael und den anderen verkannten Jungs aus der Tanzstunde damals, die beim Mambo wie hüftsteife Krücken erschienen und uns diesen einen, ersehnten Satz auch beim Abschlussball schuldig blieben: „Mein Baby gehört zu mir!!“
Nach diesem Abend gilt es Abbitte zu leisten. Bei Stephan und Michael und den anderen verkannten Jungs aus der Tanzstunde damals, die beim Mambo wie hüftsteife Krücken erschienen und uns diesen einen, ersehnten Satz auch beim Abschlussball schuldig blieben: „Mein Baby gehört zu mir!!“
Aber dieser Tanzlehrer Johnny, er war nun mal die einmalige Erfindung eines genialen Kino-Coups in den 80ern. Sein Darsteller Patrick Swayze hat das erotische Geheimnis dieses leicht verruchten Vortänzers mit ins Grab genommen. Und das Musical kann nur eine Ersatzdroge sein für alle, die sich seit 25 Jahren in nostalgieseligen „Dirty Dancing“-Fernsehnächten am Schmuddeltanz berauschen.
Paris Hilton schwärmt von der „sehr emotionalen Geschichte“ in Dirty Dancing
Wobei Musical ein unzutreffender Begriff ist für das, was da ab heute im Oberhausener Metronom-Theater über die Bühne geht. Es ist eher Kino-auf-der-Bühne, mit viel Sprechtext und vergleichsweise wenig Gesang. Bei „Hungry Eyes“ bekommen trotzdem sofort alle Kribbeln in den Beinen. „Dirty Dancing“ hat anno 1987 Millionen Deutsche ins Kino gelockt und dann in die Tanzschulen. Nun soll es das Metronom-Theater füllen. Paris Hilton war gestern schon zur umjubelten Premiere da und schwärmte von der „sehr emotionalen Geschichte“.
Das – vornehmlich weibliche und äußerst textsichere – Publikum kann sich dabei auf absolute Werktreue verlassen. Es ist der Sommer ‘63, Martin Luther King wird bald seine große Traum-Rede halten, geschwängerte junge Mädchen suchen Zuflucht beim Engelmacher und Frances „Baby“ Houseman lernt im Urlaub mit den Eltern den Tanzlehrer Johnny und die Liebe kennen.
In Oberhausen erinnert die Szenerie an eine Mischung aus „Traumschiff“ und „Let’s Dance“: Paare wirbeln in akrobatischen Mambo-Verknotungen über die Bühne, auf der Wiese von „Kellerman’s Hotel“ wird Sackhüpfen gespielt, und Baby vergeigt die erste Begegnung mit dem coolen Johnny mit den berühmten Worten: „Ich habe eine Wassermelone getragen.“
Die Bühne bei Dirty Dancing ist mal Golfplatz, mal Speisesaal, mal wogendes Getreidefeld
Wer so nah am Film arbeitet, weckt natürlich die Erwartung, mit einem Patrick-Swayze-Double und Jennifer Grey in Neuauflage aufzuwarten. Das klappt nur bedingt. Dániel Rákasz’ Johnny muss das empfindsame Raubein in sich noch richtig rauslassen. Dieses kantige Kraftpaket ist ein glänzender Tänzer, der auf den ersten Blick allerdings eher als Partner von Barbie statt von Baby durchgeht. Einen starken Eindruck hinterlässt Jenny Bachs Frances. Als süßer Fratz in Jeansshorts vereint sie Unschuld und Sexappeal, politischen Ernst und spielerischen Witz. Extralob für Johanna Spantzels komische Schwester Lisa, die den Hulasong so schön verhunzt, dass Szenenapplaus aufbrandet. Wie die gesamte Show im Laufe der Zeit hoffentlich noch mehr Charme und Chemie, Lust und Leichtigkeit entwickeln wird.
Die mitreißenden Tanzszenen in Dirty Dancing aber belohnen für die Längen der Filmdialoge. Die Bühnentechnik meistert die vielen Szenenwechsel grandios, verwandelt das Halbrund mit Videoprojektionen in Sekundenschnelle in einen Golfplatz, Speisesaal oder in ein wogendes Getreidefeld, in dem Baby und Johnny die legendärste Hebefigur der Tanzfilmgeschichte trainieren.
Musikalisch gibt es sowieso nichts zu mäkeln, selbst wenn die Band viele Titel nur anspielen kann. Zum Finale ist Gänsehaut garantiert. „Mein Baby gehört zu mir“, sagt Johnny und seliges Seufzen geht durch den Saal. „The Time Of My Life“ heißt der große Dirty-Dancing-Hit. In Oberhausen soll er zumindest den Sommer 2012 überdauern.
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