Oberhausen. .

Oberhausen (dapd-nrw). Es ist der Satz des Abends: Wenn am Ende der Vorstellung Johnny Castle mit den Worten "Mein Baby gehört zu mir" seine Frances zum Tanz holt, dann seufzen vor allem die Frauen im Saal verzückt auf. Das war schon damals im Kino so, und das war auch am Dienstag bei der Vor-Premiere des Musicals "Dirty Dancing" im Stage Metronom Theater in Oberhausen so. Am Vorabend der großen Galapremiere, zu der sich am Mittwoch unter anderen auch Paris Hilton angesagt hatte, wurde die NRW-Bühnenversion des legendären Films vom Publikum begeistert gefeiert.

Dabei sind es vor allem die Szenen, die jeder (auswendig) kennt, die bei den Zuschauern für spontanen Beifall sorgen. So etwa, wenn Frances ("Baby") sagt "Ich trage eine Wassermelone" oder sie gemeinsam mit Johnny auf einem Baumstamm Schrittfolgen übt. Film und Bühnenfassung der Liebesgeschichte zwischen dem rebellischen Tanzlehrer und der Tochter aus gutem Hause sind nahezu identisch, sodass zumeist die erste Silbe ausreicht und viele im Publikum den Text mitsprechen. Der Film hat längst Kultstatus - davon lebt "Dirty Dancing" auch auf der Bühne.

Für Begeisterung sorgt aber auch die gesamte Technik, die sowohl See als auch Kornfeld auf die Bühne holt - und vom Publikum immer wieder mit Szenenapplaus belohnt wird.

Doch es sind vor allem die Tanzszenen, die "Dirty Dancing" auf der Bühne zu einem Erlebnis machen: fliegende Röcke, akrobatische Überschläge, Haare, die schwungvoll über den Tanzboden wischen und Hebefiguren, die der Schwerkraft trotzen, begeistern vom ersten bis zum letzen Takt. Während es in der Kulisse einer Ferienanlage bei Foxtrott, Tango und Chachacha noch gesittet zugeht, brechen in den Räumen der Animateure alle Dämme. Hier ist es eng, hier ist es heiß, hier haben die Leute den Rhythmus im Blut und die Schritte von klein auf gelernt. Hier wird nicht nur getanzt, hier wird Musik gefühlt. Die Bewegungen sind sinnlich, stellenweise doppeldeutig - Dirty Dancing eben.

Und wenn dann, wie gesagt, Tanzlehrer Johnny Castle am letzten Abend Kellerman’s Hotel betritt, um sich seinen letzten Tanz zu ertrotzen, brechen die Leute im Metronom Theater spontan in Jubel aus. Lautes Türenschlagen leitet die Schlussszene ein - und mitten im Publikum steht plötzlich Johnny-Darsteller Dániel Rákász im Scheinwerferlicht. Gespannt verfolgen die Besucher, wie er sich sein "Baby" (Jenny Bach) vom Tisch der Eltern holt und mit ihr den legendären Mambo tanzt. Es wird mit geklatscht, mit gefeiert - und die wohl berühmteste Hebefigur der Filmgeschichte bejubelt.

Insgesamt überzeugt "Dirty Dancing" mit einer ausgeklügelten Choreografie, die eine eindeutige Trennung der beiden Welten in Kellerman’s Ferienclub schafft und auch die Ensemble-Nummern nicht zu einem Einheitsbrei verkommen lässt. Stattdessen setzt jede Tanz-Nummer an ihrer Stelle eigene Akzente. Auch bei den Gesangseinlagen hält sich Autorin Eleanor Bergstein stark an ihre Film-Vorlage. Die Sänger nehmen grundsätzlich am Bühnenrand ihre Position ein und schlüpfen in besonders emotionalen Momenten in die Rolle eines Beobachters.

Eine solcher Moment ist auch die Szene am Lagerfeuer. Nachdem die Gäste der Ferienanlage eine Rede von Martin Luther King im Radio verfolgt haben, wird auf der Bühne "We Shall Overcome" angestimmt - und das heitere Musical bekommt plötzlich eine unerwartete Tiefe, die sich unterschwellig bis zum Ende der Vorstellung halten kann.

dapd