Essen. . Alte Hits neu aufgewärmt, das ist das heimliche Motto von Sendungen wie der „Ultimativen Chart-Show“ oder der “Hit-Giganten“. Die Musikindustrie wittert in der medialen Resteverwertung die Chance auf schnelles Geld.

Wenn Oliver Geissen zur „ultimativen Chartshow“ (Freitag, 21.15 Uhr, RTL) aufruft, beginnt wieder die große musikalische Resteverwertung im Fernsehen. Gute Quoten sind bei Shows dieser Art garantiert – nicht nur bei Geissen auf RTL, sondern auch bei den „Hit-Giganten“ auf Sat.1.

Das Prinzip ist einfach: Man denke sich ein griffiges Motto für die Sendung aus: Von „die schönsten Weihnachtslieder“ bis „die erfolgreichsten Familien in den Charts“ ist alles möglich. Hauptsache ein Thema, zu dem viele bekannte Lieder eingespielt werden können. Dazu nehme man Prominenz. Wie prominent sie tatsächlich sind oder irgendwann mal waren, ist ebenso egal wie ihre musikalische Kompetenz. Hauptsache, sie haben die eingespielten Songs schon mal gehört und am besten auch noch ein Anekdötchen dazu erlebt. Wenn die B- und C-Promis nichts zu sagen haben, dürfen sie auch gerne mal nur grimassierend in die Kamera gucken oder hemmungslos Lachen. Dem Zuschauer fällt die fehlende Kompetenz gar nicht auf – der schnelle Schnitt machts möglich.

Musikindustrie geht auf Nummer sicher

Meist zählt sowieso nur, wie alt die Promis waren, als die Songs oben in der Hitparade rangierten. Denn darum geht’s in diesen Shows: Erinnerungen werden wieder hochgeköchelt, entweder auf der Couch mit Musikern und anderen bekannten Gesichtern, oder mit semi-prominenten Einspielern. Die Erwartungen der Zuschauer werden damit voll bedient, denn auch sie wollen in Erinnerungen schwelgen. An den ersten Kuss denken bei „Every breath you take“ von The Police, an die wilde Zeit in Papas Cabrio im „Summer of ’69“ von Bryan Adams. Vielleicht singen die Zuschauer daheim ein Ströphchen mit und fühlen sich nostalgisch jung. Wie auch anders? Mo-derator Geissen (41) bedient ein in etwa gleichaltriges Stammpublikum. Und das will nicht Lady Gaga und Rihanna hören, sondern lieber Fools Garden, Mr. Big und Roxette.

Für die Musikindustrie kommt die mediale Resteverwertung wie gerufen. Vor Jahren produzierte Songs werden neu zusammengestellt und auf CDs gepresst. Das erinnerungswütige Fernsehvolk kauft die Platten oder lädt die Songs aus dem Netz herunter.

Die Musikindustrie geht auf Nummer sicher, weil sich die Umsätze seit Jahren im Rückwärtsgang bewegen. 1999 wurde noch Musik für 2,64 Milliarden Euro umgesetzt. Zehn Jahre später waren’s nur noch 1,53 Milliarden.