Essen. Boris Becker verkündet seine Verlobung bei Wetten, dass. Boris Becker versucht, den Raab zu schlagen. Boris Becker ist dabei, wenn Klitschko boxt. Als Gäste veredeln immer mehr Promis TV-Shows, Sport-Events und Kinofilme – und sorgen so für Quote. Nur die Gage ist oft schwer zu berechnen.

Die Ironie ist ja häufig die intellektuelle Schwester der Missgunst. Leicht findet sich grinsende Zustimmung, wenn man feststellt: „Am Wochenende kassierte Boris Becker einen frühen Knockout bei Raabs ,Schlag den Star', erholte sich etwas an der Seite von Vielleicht-Gattin Lilly Kerssenberg als Promigast am Klitschko-Ring und fehlte eigentlich diesmal nur noch auf Onkel Tommys Wettcouch. Aber die hat er ja schon vor wenigen Wochen als Heiratswütiger warmgesessen."

Hat man sich jedoch eine emotionale Großzügigkeit erhalten oder erarbeitet – was in unserer egomanisch-missgünstigen Zeit eines der höchsten Ziele sein dürfte – so fragt man sich ehrlich: Wie verhieltest du dich an Promi-Stelle? Überall eingeladen und oft noch mit einer netten Gage dekoriert? – Wohl ebenso.

Damit das Publikum nicht müde wird

Fern aller Neid-Debatten soll nun aufgezeigt werden, wie kalkuliert Marktwerte von Sendungen durch Promi-Gastauftritte gesteigert werden. Dieser Trend, der übrigens auch für Kinofilme und Festivals gilt, ist augenfällig.

Und er steuert Ermüdungserscheinungen beim Publikum entgegen. Wenn also TV-Zyniker Stefan „schlag den Raab” zum -zigsten Mal einen „Normalo” zum Duell gefordert oder Günther Jauch wieder mal mit einem Durschnittsbürger um die Million gequizzt hat, dann muss eine neue Variante her. Nach Effenberg und Becker fordert demnächst Handball-Paradiesvogel Stefan Kretzschmar großmäulig „Schlag den Star”, in Promi-Specials zu „Wer wird Millionär?” hat u. a. Oliver Pocher dem erstaunten Publikum bewiesen, dass hinter einer großen Klappe auch ein randvolles Gehirn wohnen kann (klar, der weitsichtige Harald Schmidt wusste das schon vorher). Natürlich liegt der Reiz solcher Auftritte auch darin, dass Promis sich mal so richtig blamieren.

Claudia Roth ist gar nicht so ahnungslos

Je scheinbar fachfremder der Promi, umso größer ist die Chance der Format-Produzenten auf Quote. Denn das steigert die Erwartungen: Was sagen z. B. Dschungelcamp-Moderatorin Sonja Zietlow oder Grünen-Politikerin Claudia Roth bei Oliver Geissens „Ultimativer Chartshow” zu Schlager-, Rock- oder Disco-Trends der letzten Jahrzehnte? (Für Insider: So ahnungslos ist Roth gar nicht, war sie doch in den 80er Jahren Managerin der Band „Ton Steine Scherben” um Rio Reiser).

Natürlich erhöhen solche Auftritte nicht nur den Marktwert des Sendeformats, sondern auch des (B-)Promis, wie die Dschungelcamp-Staffeln beweisen, nach denen sich die Mitwirkenden durch Talk-Shows schwafeln oder sich durch eine der unzähligen TV-Kochsendungen rühren.

Komplizierte Gagenforderungen

Dementsprechend kompliziert fallen dann hinter den Kulissen die Gagenforderungen aus: Bekommt der Promi nun Geld, weil sein Auftritt Sendung, Kinofilm oder Festival veredelt hat, oder keines, weil das jeweilige Format ihm als Werbeplattform diente? Gerade an Gottschalks „Wetten, dass. . ?” wird immer wieder kritisiert, dass prominente Wettpaten ihr Erscheinen nur dazu nutzen, um ihre aktuelle Produktion zu bewerben.

Natürlich soll nicht in Abrede gestellt werden, dass Promis wie Becker, Beckenbauer und Co. auch Spaß am Ausflug in die Klitschko-Welt haben, dass Showstars und Politiker als Tribünengäste bei Fußball-Events wirklich mitfiebern. Aber je öfter die TV-Kamera auf sie schwenkt – desto besser. Allerdings fragt man sich inzwischen manchmal: Was ist denn nun das eigentliche Ereignis?

Besuchst du mich, besuch ich dich

So drohen die jungen Kandidaten in Gesangs- und Model-Wettbewerben wie „Deutschland sucht den Superstar” (DSDS) oder „Germany's next Topmodel” zum Kanonenfutter für Jury-Promis wie Dieter Bohlen oder Heidi Klum zu werden. Denn geschickt versteht es Bohlen durch harte Urteile und ebensolche Sprüche, das Medieninteresse nach dem Motto „Dieter sucht den Superstar” auf sich zu ziehen. Und dass kürzlich Klum-Gatte Seal einen Gastauftritt bei „DSDS” hatte, ist ein schönes Beispiel für den Trend „besuchst du mich, besuch ich dich”.

Die gegenseitigen Stippvisiten von Promis unterschiedlicher Sparten eröffnen zudem ein breiteres Zielpublikum. Wer Sport liebt, aber Rateshows sonst öde findet, zappt vielleicht mal rein, wenn ein Sportstar auf dem heißen Stuhl sitzt. Für den Werbewert der Beteiligten und die Neugier des Publikums kann der gar nicht heiß genug sein. That's Entertainment.

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