Duisburg/Dortmund. Die Urbanen Künste Ruhr planen Außergewöhnliches: Der Duisburger Innenhafen wird ebenso Ausstellungsfläche wie die Dortmunder Nordstadt.
Der Duisburger Innenhafen wird zur wohl größten Ausstellungsfläche des Ruhrgebiets. Auf dem Mediamarkt-Parkplatz in Marl bittet eine Autorin zur Lesung ins Auto. In Herne wandeln sich am die Überreste eines schnöden Pumpwerks in urbane Kunst. Und in Dortmund darf im Namen der Kunst nach Herzenslust gelästert werden: Das Jahresprogramm der Urbanen Künste Ruhr setzt sich einmal mehr auf ungewöhnliche Weise mit der Geschichte und der Zukunft des Ruhrgebiets auseinander.
Grand Snail Tour: Urbane Kunst für die Stadtgesellschaft
Die vom Regionalverband Ruhr und dem NRW-Kulturministerium getragene Institution für Gegenwartskunst im Ruhrgebiet strengt sich dabei spürbar an, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade sind: Etwa, wenn Tunay Önder am Donnerstag, 13. Februar, zur Autolesung auf erwähnten Parkplatz bittet. Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Grand Snail Tour“, bei der die Urbanen Künste wochenweise noch bis Oktober 2027 alle 53 Städte des Ruhrgebiets besuchen. Jeweils begleitet von verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern, sollen über das Projekt Fragen des Zusammenlebens disktutiert werden: zum Beispiel, wem der öffentliche Raum gehört.
- Büdchen für einen Tag: Urbane Künste gehen auf Tour
- Britta Peters leitet die Urbanen Künste Ruhr bis 2027
- 18 Millionen vom Land für Ruhrtriennale, Chorwerk und Co.
Beim nächsten Termin am 6. März werden Caren Jeß und Tim Holland mitten in Haltern am See ihr „Büro für außerordentliche Schreibangelegenheiten“ öffnen und Wunsch- und Auftragstexte für die Bürger schreiben, die von liebevollen Beschimpfungen über Krankmeldungen und (Liebes-)Briefen bis hin zu Beschwerden reichen können.
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In Dortmund legt die „Grand Snail Tour“ vom 3. bis 5. Juli sogar einen dreitägigen Stopp für ein eigenes Festival ein: In Kooperation mit der Stadt sollen so die Gastarbeiter gefeiert werden, denen auf dem Nordmarkt ein eigenes Denkmal errichtet werden soll. „Es reicht nicht, eine Skulptur aufzustellen. Wir wollen den Diskurs vertiefen“, so Britta Peters, künstlerische Leiterin der Urbanen Künste. Neben lokalen Akteuren sind auch international renommierte Künstlerinnen involviert, darunter Havîn Al-Sîndy. Gemeinsam mit 300 Schülerinnen und Schülern aus Dortmund wird sie sich mit dem Thema „Lästern“ beschäftigen und Skulpturen bauen, die über den Nordmarkt fahren. Dank KI darf mit den Kunstwerken gelästert werden, „bei zu viel Hass schalten sie sich aber automatisch ab“, fügt Al-Sîndy an. Ihr Leben lang beschäftigt sich die im Irak aufgewachsene Kurdin schon damit, wie Menschen übereinander reden.
Ruhrtriennale: Urbane Künste bespielen Duisburger Innenhafen
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Ebenso Aufsehen erregend dürfte der Beitrag der Urbanen Künste zur Ruhrtriennale werden: Vom 22. August bis 5. Oktober verwandelt sich der Duisburger Innenhafen in die wohl größte Openair-Ausstellung des Ruhrgebiets. Seit seiner Umgestaltung nach einem Masterplan des Stararchitekten Norman Foster zum Wohn- und Freizeitort biete er dafür die perfekten Voraussetzungen, so Britta Peters. Skulpturen, Performances, Sound- und Videoarbeiten werden dann ebenso zu sehen sein wie klassische Kunst. Dafür wird auch der Ludwigsturm mit eingebunden, in dem eine größere Gruppenausstellung zu sehen sein wird. Gezeigt werden dann Künstlerinnen und Künstler, denen dank Partnern aus der Region ein Stipendium ermöglicht wird. In einem Open Call können sich Künstler und Kollektive erneut für Unterstützung bewerben. Zu den bereits gesetzten Künstlern zählt Arhun Aksakal, Absolvent der Städelschule Frankfurt. Er plant Live-Performances, bei denen sicher auch seine Ursprünge im Parkoursport zum Tragen kommen.
„Uns interessiert auch die große Dichte an Archiven im Innenhafen: Wir wollen die Industriegeschichte dort ebenso in den Blick nehmen wie die Zukunft“, gibt Britta Peters einen Ausblick.