Bochum. Das Bochumer Planetarium hat im vergangenen Jahr einen neuen Besucherrekord aufgestellt. Wir lüften das Geheimnis hinter dem Erfolg.

Mit einem leisen Quietschen klappt der dick gepolsterte Stuhl im Planetarium Bochum runter. Die Lehne kippt vergleichsweise weit zurück. Kein Wunder: Man soll doch einen guten Blick nach oben in die Kuppel haben. Anfangs erstrahlt die Kuppel noch in einem leuchtenden Königsblau. Dann wird es langsam duster. Der Sternenprojektor in der Mitte des Raumes richtet sich mit einem ganz leisen Geräusch aus und plötzlich ist man mitten im All.

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Hunderte von kleinen und großen Sternen sprenkeln die Kuppeldecke. Leise Musik läuft im Hintergrund und dann ertönt die ruhige Erzählerstimme. Es wird erklärt, wie das Leben vor Millionen von Jahren entstand. Dann springt das Bild. Es wird unerwartet hell. Die hellbraunen Wolken des Jupiters scheinen an einem vorbeizufliegen. Blitze zucken über die Kuppel. „Eigentlich wechselt das nicht so schnell und auch das Audio ist jetzt durcheinander gekommen“, erklärt Susanne Hüttemeister, Leiterin des Planetariums. Sie ist in der kleinen Vorführecke verschwunden und springt quer durch die Show, um möglichst die besten Bilder für Foto und Video zu suchen.

Planetarium Bochum: Alltagsflucht ins Weltall

Im freien Flug geht es in die Wolken ein, die wie Hurrikane um den Gas-Riesen herum rasen – es ist ein stürmischer und gefährlicher Ort. Menschen hätten dort nicht die geringste Chance. Die Bilder in der Kuppel des Planetariums lösen dennoch ein Gefühl von Fernweh in der Magengrube aus. Und genau das ist eines der Geheimnisse hinter dem Erfolg des Planetariums, wie Hüttemeister vermutet: „Es ist eine Alltagsflucht in eine andere Welt. Viele finden den Weltraum einfach faszinierend – auch wenn sie es nicht ganz verstehen.“ Die Leiterin macht eine kurze Pause und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Außerdem ist es einfach schön anzusehen und tief berührend.“

Menschen haben in den Wolken des Jupiters keine Überlebenschance. Im Planetarium ist die Reise dorthin ungefährlich.
Menschen haben in den Wolken des Jupiters keine Überlebenschance. Im Planetarium ist die Reise dorthin ungefährlich. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Das fanden im vergangenen Jahr vermutlich auch die 353.175 Besucherinnen und Besucher, die in den gemütlichen Sitzen Platz genommen haben. Besucherrekord! „In den letzten 15 Jahren haben wir die Besucherzahlen verdreifacht. Seit der Pandemie haben wir jährlich mindestens 300.000 Gäste. Daran kann man sich schon gewöhnen und mittlerweile ist das unser Anspruch geworden.“ Damit gehört das Planetarium Bochum neben Hamburg und Berlin zu den besucherstärksten der Republik. Ein schönes Geschenk, wenn man bedenkt, dass das Planetarium im vergangenen Jahr den 60. Geburtstag feierte.

Für Familien: Planetariumsshows sind günstiger als Kino

Nicht nur die Faszination für die zahlreichen Wunder in einer weit, weit entfernten Galaxis locke die Besucher nach Bochum. Es stecke auch ein ganz praktischer Grund dahinter. „Das Planetarium ist ein Medium, in das man richtig eintauchen kann. Man sitzt mittendrin und erkundet ferne Welten. Und dabei kostet es weniger als das Kino“, erklärt Susanne Hüttemeister. Kinder zahlen rund fünf Euro und Erwachsene rund 11 Euro. „Wo kann man so günstig noch mit Kindern hingehen?“, fragt die Leiterin.

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Außerdem dürfte das Planetarium auch mehr Shows in Petto haben als so mach ein Kino. Rund 40 von ihnen sind in der Rotation. Manche werden nicht so oft gezeigt, andere sind gleich mehrfach in der Woche zu sehen. „Die neuste Astronomieshow, die wir haben, ist ‚Funkelnde Sterne & Endloser Kosmos‘. Sie läuft seit gut zwei Monaten und wir haben sie selbst produziert.“ Rund ein Jahr dauert es, bis eine solche Show fertig ist. Am Anfang gibt es eine Idee und einen roten Faden, der sich durch die Show ziehen soll. Im neusten Streich ist es ein Blick in den Himmel von verschiedensten Orten auf der ganzen Welt – ob es nun die Sterne über Bochum, Chile oder der Arktis sind.

Neue Show fürs Planetarium: Eine Minute kann 10.000 Euro kosten

Die Bilder für die Show kommen von verschiedenen Riesenteleskopen wie dem der Europäischen Südsternwarte in der Chile, aber auch von Weltraumteleskopen wie Hubble und James Webb oder entstehen am Computer. Das Bochumer Planetarium kann für die Produktion außerdem auf die Archive von NASA und ESA zurückgreifen. Ist genügend Material gesammelt, muss alles im sogenannten „Composing“ zusammengebastelt werden. „Man sieht nur Bruchstücke und verliert ein bisschen die Hoffnung, dass das alles irgendwie zusammenpasst“, sagt Hüttemeister und lacht. Doch bisher hat es noch immer gepasst. Solch eine Show zu produzieren, ist nicht ganz günstig. In manchen Fällen kann eine Minute 10.000 Euro kosten. „Oft schließen sich Planetarien für eine neue zusammen. Dann wird es für alle ein bisschen günstiger.“

Susanne Hüttemeister, Leiterin des Planetariums, kennt die Shows wie ihre Westentasche.
Susanne Hüttemeister, Leiterin des Planetariums, kennt die Shows wie ihre Westentasche. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Die Astronomie-Shows sind unser Brot und Butter“, erklärt Hüttemeister. Doch es flimmert noch viel mehr in Bochum über die Kuppeldecke. Für Kinder gibt es ein ganz eigenes Programm – natürlich mit Weltraum-Bezug. Hühnchen Lilli reist zum Beispiel mit ihrem Freund Kater Carlo zum Mond und auch die Olchis erleben in Bochum Abenteuer im All. Selbst Räuber Hotzenplotz verschlägt es in eine Rakete. Oder vielleicht spielt ihm jemand auch nur einen Streich?

Vom Kosmos bis Queen: Das sind die Shows in Bochum

Auf dem Programmplan stehen außerdem noch einige Shows, die nichts mit den Sternen zu tun haben, aber mit Stars. „Queen Heaven“ widmet sich beispielsweise der Musik der britischen Rocklegenden. Vermutlich kommt auch die beliebte Musikshow rund um das Pink-Floyd-Meisterwerk „The Dark Side of the Moon“ in der zweiten Jahreshälfte wieder zurück ins Planetarium. Aber Vorsicht: Gerade in der Winterzeit sind viele Vorstellungen schnell ausverkauft. „Besonders bei den Kindershows hat man schon eine Woche vor dem Wunschtermin manchmal Pech – gerade wenn eine Vorstellung am Wochenende ist“, weiß Hüttemeister.

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Unter der Woche geht es hingegen noch recht ruhig in Bochum zu. Rund ein Dutzend Besucherinnen und Besucher warten an diesem Donnerstagmittag darauf, dass die schweren Türen zur Kuppel sich öffnen. Sie alle haben einen Kurztrip zu den Sternen gebucht – eine Auszeit vom grauen Wintertag. Und die bekommen sie auch, wenn sich der Sternenprojektor wieder still und leise ausrichtet und es dunkel in der Kuppel des Planetariums wird.

Planetarium Bochum, Di-So (montags geschlossen), verschiedene Vorstellungszeiten. Tickets für Erw. ca. 11 Euro, Kinder ca. 5 Euro. Alle Infos und das ganze Programm auf www.planetarium-bochum.de