Münster. Der Jazz sorgte drei Tage lang für Begeisterungsstürme. Mit Altmeistern wie Louis Sclavis und Senkrechtstarterinnen wie Nabou Claerhout.
Kein Jazzfestival ist attraktiver kuratiert als das traditionsgemäß stets innerhalb weniger Stunden ausverkaufte Großereignis in Münster, wo jetzt Fritz Schmücker sein 40-jähriges Bühnenjubiläum als Programmgestalter feierte. Und sich und seinem treuen Publikum dafür einen erfrischend unnostalgischen Rückblick auf einige alte Heroen gönnte, den er im Theater der Stadt hochspannend mit jungen europäischen Bands kontrastierte.
Andere Jazzfestivals prunken mit roten Fäden oder Themenschwerpunkten, in Münster dagegen ergeben sich ganz organisch in schönen Kontrasten wundersam stimmig auskomponierte Beziehungsstrukturen unterschiedlichster Stilistiken und mannigfaltiger Instrumente in diversen Kontexten. Auch diesmal oszillierte der Fokus nicht ganz unerwartet wieder zwischen Holland, Frankreich, Italien und Großbritannien samt einiger heimischer Combos. Dass manche Musiker, etwa der Gitarrist Reiner Baas oder der Drummer Jamie Peet, dabei mehrfach zu erleben waren, steigerte nur den Reiz des reizgespickten Angebots, das mit Tyn Wybenga’s Brainteaster Orchestra großformatig begann und nach drei Tagen mit dem „Odyssey“ genannten Quartett des spektakulär klöppelnden Marimaphonisten Andrés Coll rasant endete.
Xhosa Cole auf Flöten und Tenorsax erst in feinfühligen Dialogen, dann abends hochvital im Bebop
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Und was gab es dazwischen nicht alles zu entdecken! Die japanische Pianistin Makiko Hirabayashi etwa mit wundersam delikaten Händel-Anverwandlungen; ein Duo der ukrainischen Harfenistin Alina Bzhezhinska, die mit dem englischen Tenorsaxophonisten Toni Kofi auf den Spuren von John und Alice Coltrane wandelte; oder die Leipziger Band „Pauline Réage“, die poetische Texte in kraftvoller Tonalität kredenzte. Und w
Ein heftiger Kontrast zum vorangegangenen Auftritt des französischen Klarinettisten Yom, der in Begleitung der in Münster wohlbekannten Ceccaldi-Brüder Théo (Geige) und Valentin (Cello) mit orientalisch näselndem Duktus eine meditative Kontemplation sondergleichen ablieferte. Das korrespondierte entzückend mit dem Wiederhören zweier Altmeister am Ebenholz, dem bald 81-jährigen Gianluigi Trovesi aus Bergamo, der taufrisch in italienischer Pracht jubilierte, und dem famosen Franzosen Louis Sclavis, in dessen „India“-Quintett der Trompeter Olivier Laisney besonders auf- und gefiel.
Starke Frauen – ein Markenzeichen von Münster. Diesmal mit Nabou Claerhout und Clara Haberkamp
Starke Frauen sind in Münster eine Selbstverständlichkeit. So freute man sich darüber, wie beeindruckend sich die junge belgische Posaunistin Nabou Claerhout seit ihrer Münster-Premiere vor zwei Jahren entwickelt hat und mit Reinier Baas, Jamie Peet und dem Bassisten Glenn Gaddum in kraftvoller Eleganz glänzte. Spannend auch das neue Ensemble „Kind“ des Münsterschen Altsaxophonisten Jan Klare mit gleich vier fabelhaften Musikerinnen. Noch imposanter, dass die erkrankte südkoreanische Keyboarderin Chaerin Im dennoch einen zwischen Fusion und K-Pop schillernden Auftritt absolvierte. Danach ging nichts mehr, so dass der spanische Pianist Daniel García, der mit seinem Sextett packenden Flamenco-Jazz bot, spontan ihre Rolle im Trio des dänischen Bassisten Jasper Høiby übernahm und dabei vom Blatt lesend souverän über sich hinauswuchs – eine grandiose Leistung!
Die neue Westfalen-Jazz-Preisträgerin Clara Haberkamp schwelgte dagegen mit dem filigran trommelnden Jarle Vespestad und dem gewitzten Tieftöner Oliver Potratz in harmonisch attraktivem Modern Mainstream, was dem abwechslungsreichen Programm weitere schöne Farben gab. Kein Frage, es war ein überzeugendes Jubiläumsfest, das wieder einmal Maßstäbe für die kommenden Jazzfestivals des Jahres setzte. Am 2. Februar in der ARD Jazznacht in sechs Stunden opulent nachzuhören.