Heiligenhaus. Detlef Hinze: Sein Leben als Schlagzeuger begann mit 27 Jahren. Jetzt hört „der Trainer“ von Herbert Knebels Affentheater auf.

Nicht nur der Glaube, auch der Wille kann Berge versetzen. Wer‘s nicht glaubt, kann bei Detlef Hinze nachfragen. Er war mal ein verbummelter Student, dem nach dem Abi nichts Besseres eingefallen war als Deutsch und Geschichte, auf Lehramt. Tatsächlich aber studierte er die Fußballplätze und Kneipentresen in Essen und Umgebung. Und spielte Anfang der 80er-Jahre Bass in der Polit-Punkband „B1“, die in interessierten Kreisen einen Ruf wie Donnerhall hatte. Als dort aber mitten in einer Tour der Drummer ausstieg, sprang ein versierter Schlagzeug-Profi ein. Der spielte was vor. Und Detlef Hinze stand daneben, staunte sich einen weg. „So etwas hatte ich noch nie gehört!“ Da kam ihm der Geistesblitz, der sein Leben verändern sollte: „Ich werde versierter Schlagzeugprofi!“

Ab sofort fuhr Hinze täglich 20 Kilometer quer durch Essen zum Proberaum in Überruhr, um auf dem Schlagzeug zu üben. Stunde um Stunde. Nach einem Jahr hatte er ein erstes Engagement, bei der Essener „Stormy Monday Bluesband“. Aber Hinze übte weiter, Stunde um Stunde. Alles andere als verbummelt: „Ich wollte ja vorankommen!“ Zwei Jahre später saß er beim illustren „Rocktheater N8chtschicht“ an den Drums. Die Dortmunder Truppe um den legendären „Bademeister“ Fritz Eckenga war in den 80er-Jahren die wohl bekannteste von vielen, die im Ruhrgebiet mit buntscheckigen Mischungen aus Rock, Klamauk, Theater und Kabarett experimentierten. Für Detlef Hinze unerreicht aber war das völlig durchgedrehte „Kamikaze Orchester“ mit Piet Klocke, Andreas Kunze und Heinrich Schafmeister: „Die“, schwärmt Hinze noch heute, „konnten was und haben es allen gezeigt.“

Detlef Hinze hörte beim „Rocktheater N8achtschicht“ auf und fing bei Herbert Knebel an

Das „Rocktheater N8chtschicht“ aber war nicht nur eine „recht professionelle“ Angelegenheit, sondern auch „ziemlich zeitaufwendig, mit Proben und Besprechungen“. Hinze wohnte in Mülheim, fuhr täglich nach Dortmund. „Das wurde mir zu viel, ich kam gar nicht mehr zum Schlagzeugüben. Nach anderthalb Jahren hab ich da in‘ Sack gehaun. Ich wollte doch weiterkommen mit dem Trommeln!“ Bei Herbert Knebels Affentheater hatte unterdessen Kalle Mews „in‘ Sack gehaun“, heute ein bundesweit gefragter Theatermusiker und Trommler bei den „Rhythmus Boys“ von Ulrich Tukur. Und so spielte Detlef Hinze im Januar 1989 zum ersten Mal beim Affentheater, dessen erster Auftritt gerade mal ein halbes Jahr zurücklag. Und noch ein ganzes Stück entfernt war von seinem kometenhaften Aufstieg Anfang der 90er-Jahre.

Der Trainer hört auf: Knebels Affentheater, Abschied von Detlev Hintze
Detlef Hinze war lange Jahre der Kassenwart des Affentheaters und hat die Terminkalender in einer Kiste verwahrt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Aber der kam, Auftritt um Auftritt hart erspielt. Auf dem Höhepunkt hatten sie über Jahre hinweg oft 15 Auftritte im Monat. Wenn sie nicht gerade probten. Für ein neues Programm. Sie haben gut und immer besser verdient, niemand weiß das genauer als Detlef Hinze – er war all die Jahre der Kassenwart der Combo. Und hat einen ganzen Karton voller Terminkalender aus dieser Zeit. Damit könnte man gut die Band-Geschichte schreiben, die Gagen stehen auch drin.

Detlef Hinze spielte bei der DJK Katernberg 19 und war hier auch Trainer

Und aus Detlef Hinze wurde im Laufe der Jahre, mit Glasbaustein-Brille und Fistelstimme, die Bühnenfigur „Der Trainer“. Warum? „Ich hab halt schon immer Fußball gespielt, wie man das vor 60 Jahren so gemacht hat: von morgens bis abends im Hinterhof, also spätestens nach Ende der Schularbeiten bis Einbruch der Dämmerung.“ Aber nicht nur auf dem Bolzplatz. Hinze durchlief die Jugendmannschaften bei der DJK Katernberg 1919 (die Sportfreunde Katernberg, bei denen einst sogar Helmut Rahn kickte, waren damals „der Erzfeind“; heute sind beide Vereine fusioniert). Er kickte auch bei den Senioren, und wurde hier, wie zuvor schon bei Jugendmannschaften, Trainer.

Der Trainer hört auf: Knebels Affentheater, Abschied von Detlev Hintze
Detlef Hinze im Gespräch in seiner Doppelhaushälfte in Heiligenhaus. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Aber jetzt, nach fast 36 Jahren, macht Hinze Schluss mit dem Affentheater. Warum? „Da kommt vieles zusammen“, sagt er, „aber vor allem steckt man die Auftritte nicht mehr so gut weg wie vor 20, 30 Jahren. Ich bin am nächsten Tag noch echt müde davon. Ich werde nächstes Jahr 70.“ Und er will noch reisen. 2010 hat er seine Liebste Silke, mit der er schon ewig zusammen war, geheiratet. Die Hochzeitsreise ging nach Südafrika. Da hat er Feuer gefangen. Acht Mal hat er jetzt den Kontinent bereist, Fotos von Geparden und einem Löwen mit Wasserbüffel-Ohr im Maul zieren seinen Kellerraum mit Schalldämpfer-Tür, in dem auch sein Schlagzeug steht.

4 x Affentheater

Herbert Knebels Affentheater spielt am 14. Dezember in der Rheinhausen-Halle im Duisburger Westen (Karten ab 38,50 €) und am 18. Dezember in der Stadthalle Mülheim (heillos ausverkauft) zum letzten Mal mit Detlef Hinze. Am 20. und 21. Dezember spielt das Affentheater, wie an jedem Jahresende, Rock pur im Duisburger Steinhof. Dann schon mit dem neuen Drummer Stefan Lammert. Karten ab 26 €.

Das neue (Best-of-)Programm „Voll Karacho!“ des Affentheaters feiert am 28. März im Ebertbad Oberhausen Premiere.

„Ich hab‘ auch wieder mit dem Schlagzeug-Üben angefangen“, sagt Detlef Hinze, „ich hatte wegen der ganzen Auftritte und Proben mit dem Affentheater bestimmt zwanzig Jahre lang nicht mehr geübt“. Jetzt nimmt er sogar wieder Unterricht. Ausgerechnet bei dem Profi, der seiner Drummer-Karriere den Kick gab. Im Übungsraum im Keller bündelt sich das Leben von Detlef Hinze. Da hängt die Einladung zur Hochzeit, hier steht sein E-Bike, dort sein Tennisschläger. Was er denn jetzt machen wolle, als Comedy-Rentner, ist Hinze in letzter Zeit oft gefragt worden. „Ich fahre nur nicht mehr abends zum Auftritt“, schmunzelt der, „alles andere geht genauso weiter.“

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