Essen. Natja Brunckhorst erzählt von einem Millionencoup in den letzten Tagen der DDR. Woran der Film trotz bester Schauspieler scheitert.

Es ist der Juli 1990, die DDR ist noch nicht ganz Geschichte. Doch im Arbeitsamt von Halberstadt sind die Folgen der deutsch-deutschen Wiedervereinigung bereits offensichtlich: In den Gängen ist kein Platz mehr frei. Auch Maren (Sandra Hüller) und ihre Freunde müssen warten. Gemeinsam haben sie gegen den Arbeiter- und Bauernstaat demonstriert. Aber jetzt, wo sich die Zeiten ändern, hat sie der Kapitalismus kalt erwischt.

Und so können sie es kaum glauben, als sie wenig später in einem alten Schacht auf dem platten Land einen sensationellen Fund machen: Millionen Ost-Mark, die dort eingelagert wurden, um sie später zu vernichten. Es reift ein irrwitziger Plan. Die Währungsunion ist fast vollzogen, aber noch bleiben drei Tage Zeit, um das Geld gewinnbringend unter die Leute zu bringen. Von wegen „Zwei zu eins“. Das wollen wir ja mal sehen!

Natja Brunckhorsts Film „Zwei zu eins“ ist eine Komödie über die letzten Tage der DDR

Mit ihrem zweiten Film (nach „Alles in bester Ordnung“) schlägt Natja Brunckhorst ein Kapitel jüngerer deutscher Geschichte auf. Sie erzählt eine Komödie nach einem wahren Fall: Vor der Währungsunion stahlen Unbekannte im Komplexlager 12 in Sachsen-Anhalt, in dem sich das gesamte Papiergeld der DDR befand, hohe Summen. Bis heute weiß man nicht, wer alles beteiligt war und wohin das Geld verschwunden ist. Die Sache wurde bekannt, weil plötzlich 200er und 500er-Noten auftauchten, die vorher nie im Umlauf waren.

„Zwei zu eins“ im Kino: Hier Peter Kurth als Markowski.
„Zwei zu eins“ im Kino: Hier Peter Kurth als Markowski. © DPA Images | Peter Hartwig

Brunckhorst hat prominente deutsche Schauspieler gewonnen, allen voran Sandra Hüller, der es mit ihrer unaufgeregten Präsenz einmal mehr gelingt, eine absolut glaubwürdige Figur zu entwickeln. Eine normale Frau in einer wenig normalen Situation. Eine Lebenskünstlerin, die aus den Umständen das Beste macht. Seit ihrer Jugend ist sie mit Robert (Max Riemelt) und Volker (Ronald Zehrfeld) befreundet. Ihre Liaison zu dritt fand ein jähes Ende, als Volker in den Westen ging. Doch jetzt steht er plötzlich wieder vor der Tür und muss feststellen, dass Marens kleine Tochter ihm auffallend ähnlich sieht.

Es geht ums Lieben und Leben in der ostdeutschen Provinz, um jene Zeit zwischen Ende, Aufbruchsstimmung und Neubeginn, als es bei der Treuhand Betriebe für eine Mark zu kaufen gab. Maren würde gern mal „richtig“ weg. Kanada, Madagaskar, Tahiti. Fürs erste lernt sie mit dem Kassettenrecorder Französisch. Derweil tuckern Volker und Robert im winzigen Trabi übers Land, den die beiden fast zum Bersten bringen. An den Grenzstationen kann man jetzt einfach so vorbeifahren.

„Zwei zu eins“ geht mit Schauspielern wie Martin Brambach und Peter Kurth an den Start

Die Geschichte kommt mit einem bluesigen Sound und matten Sepiafarben daher, so als würde man in einem alten Fotoalbum blättern. Ein Gruß aus der Vergangenheit. Sympathisch, aber auf Dauer eben auch ermüdend. Denn trotz realer Steilvorlage – durchgehend spannend ist „Zwei zu eins“ nicht geraten. Der große Coup bildet den Rahmen für ein ostalgisches Befindlichkeits-Drama, das bei aller Heiterkeit einen melancholischen Grundton anschlägt und sich teils behäbig über zwei Stunden zieht. Viele Szenen spielen vor dem sommerlichen Plattenbau, wo die Nachbarn zusammensitzen, quatschen, tanzen, lachen. Der Zusammenhalt wird großgeschrieben. Und nachts liegen schon mal Fünfe in einem Bett.

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Dabei hat Brunckhorst (auch Drehbuch) unterhaltsame Figuren geschaffen: Da sind Käte, die Mutter der Wohnblockkompanie (Ursula Werner) und der neurotische Nachbar (Martin Brambach) mit dem Verfolgungswahn. Marens Sohn Jannek sprayt Sprüche auf die Häuserwände („Ihr wolltet Kohl, jetzt habt ihr den Salat“) und wird ständig von der Volkspolizei nach Hause gebracht, dickliche Herren in engen Hemden ohne rechte Befugnis. Eine Schau ist Peter Kurth („Babylon Berlin“) als Onkel Markowski, Techniker der Nationalen Volksarmee, der hier zum Unterstützer wird. Bald staunt man in Berlin über die stetig wachsende Geldmenge.

Rund 620 Millionen Scheine Ost-Mark wurden 2001 endgültig verbrannt, erfährt das Kino-Publikum am Ende. Der Rest ist bekannt. Brunckhorst holt noch einmal aus und kredenzt einen märchenhaften Schlussakkord. Aber der kann das Ganze auch nicht mehr retten.