Essen. „We Are The Champions – die Geschichte der größten Sporthymne aller Zeiten” erzählt kurzweilig, aber mit wenig Tiefe vom Queen-Hit.

Es ist ein viel zu schönes Detail, um es nicht sofort zu erwähnen: Freddie Mercury hatte nichts für Fußball übrig. Dass der legendäre Queen-Sänger dennoch mit „We Are The Champions“ eine der größten Fußball- und überhaupt Sporthymnen geschrieben hat, ist eine wunderbare Ironie der (Musik-)Geschichte: Noch heute erklingt das Stück regelmäßig nach grandiosen Triumphen in Stadien rund um die Welt. In der neuen Dokumentation „We Are The Champions – die Geschichte der größten Sporthymne aller Zeiten” (am 7. Juli um 22.10 Uhr auf Arte sowie in der Arte-Mediathek) erzählt nun das Regie-Duo Hannes Rossacher und Lilly Schlagnitweit davon, wie der Song in die Welt kam.

Es geht angenehm schnell zur Sache: Nur kurz erklärt der Film den Nachgeborenen nochmal, wie Queen in den 70er-Jahren mit ihrem so stimmgewaltigen wie exaltierten Sänger und einem bombastischen, teils opernhaften Hardrock die Welt eroberte. Schon nach gut sechs Minuten ist man beim Schlüsselmoment: Im Zuge ihrer „A Day At The Races“-Tour treten Queen am 29. Mai 1977 im englischen Stafford auf. Während die Fans auf die Zugabe warten, singen sie aus voller Kehle „You’ll Never Walk Alone“, die Vereinshymne des FC Liverpool. Die Queen-Musiker sind baff: Auf Konzerten ist es damals nicht üblich, laut mitzusingen – aber diese Energie der Fußballfans wollen sie nun auch für ihre Shows. Gezielt komponieren sie zwei Titel, die das Publikum zum Mitmachen animieren sollen. Nur knapp vier Monate später erscheint die Doppelsingle mit den Songs „We Are The Champions“ und „We Will Rock You“.

„We Are The Champions“ entstand genau wie „We Will Rock You“, nachdem Fans 1977 auf einem Queen-Konzert die Liverpool-Vereinshymne „You‘ll Never Walk Alone“ gesungen hatten. Daraufhin wollten die Queen-Musiker ihre Fans gezielt mit neuen Stücken zum Mitsingen und -klatschen animieren.
„We Are The Champions“ entstand genau wie „We Will Rock You“, nachdem Fans 1977 auf einem Queen-Konzert die Liverpool-Vereinshymne „You‘ll Never Walk Alone“ gesungen hatten. Daraufhin wollten die Queen-Musiker ihre Fans gezielt mit neuen Stücken zum Mitsingen und -klatschen animieren. © Arte | Universal Music

Queen und ihr Stadionhymnen-Duo: „We Are The Champions” und “We Will Rock You”

Dass es fast von Beginn an um diese zwei Songs geht, anstatt nur um den im Titel anmoderierten, ergibt auch jenseits der Veröffentlichungspolitik Sinn: Laut Queen-Gitarrist Brian May – der wie Schlagzeuger Roger Taylor hier aus erster Hand erzählt – waren beide Stücke von der gleichen Mitmach-Idee inspiriert. Wie dabei der Stampf-Klatscher „We Will Rock You“ die herausfordernde Kampfansage vor dem Wettstreit markiert, während „We Are The Champions“ in siegestrunkener Erhabenheit den vollendeten Sieg feiert, arbeitet der Film schön heraus. Auch die oberflächliche Interpretation, Queen hätten sich mit dem Song eitel über die Konkurrenz erheben wollen, räumt er ab.

Nach dem historisch orientierten Einstieg, der auch dank Archivaufnahmen aus dem Studio und von Konzerten kurzweilig und lebendig ausfällt, kommt der 50-minütigen Dokumentation jedoch ein wenig der rote Faden abhanden. Was die Faszination von „We Are The Champions“ ausmacht, dazu liefern Fans, Wissenschaftler und Journalisten zwar ein paar interessante Ansätze. In die Tiefe geht das alles jedoch nicht. Und wie genau es dem Song gelingen konnte, in jene Welt des Sports „zurückzukehren“, die ihn einst inspiriert hatte, dazu präsentiert der Film keine Idee; die Sport-Seite des Themas kommt ohnehin ziemlich kurz.

Live stets eine Wucht, die die Zuschauer mitriss: Queen um Frontmann Freddie Mercury.
Live stets eine Wucht, die die Zuschauer mitriss: Queen um Frontmann Freddie Mercury. © Arte | Queen Productions Ltd.

„We Are The Champions – die Geschichte der größten Sporthymne aller Zeiten“ wirkt teils ratlos

So wirken dann manche Szenen aus der Verlegenheit geboren, wenn die Doku einen Bogen zur sympathischen Queen-Fanclub-Chefin schlägt oder in einem Proberaum Profimusiker und -sportler zusammen „We Are The Champions“ spielen – beides verströmt Leidenschaft, liefert aber kaum Erkenntnisgewinn hinsichtlich des Songs. Kurz wirkt es so, als wollten die Regisseure zu sonstigen Sporthymnen wie „Seven Nation Army“ oder „Sweet Caroline“ abbiegen und dabei vor allem auf Olympiasongs wie Whitney Houstons „One Moment In Time“ abheben, von dessen Entstehung Songautor Albert Hammond anschaulich berichtet. Schnell ist die Doku jedoch wieder bei Queen und der Großherzigkeit von deren Frontmann, die das Publikum in „We Are The Champions“ spüre.

Statt der vielen berechtigten, aber selten näher erläuterten Lobeshymnen auf Freddie Mercury hätte es gern noch etwas mehr Theorie sein dürfen: Wenn Musikwissenschaftler Nate Sloan erklärt, wie Mercury in „We Are The Champions“ von Moll zu Dur ein Gefühl des Triumphes aufbaut und Opern-Techniken zitiert, dann ist das ähnlich aufschlussreich wie die zu Recht populären „Pop Music Masterclasses“ von Pianist Chilly Gonzales. Auch Mercurys Underdog-Perspektive als Homosexueller oder das Gemeinschaft stiftende „Wir“ des Songs hätten es verdient gehabt, noch näher analysiert zu werden. So geht es dieser Dokumentation wie manch anderer moderner Produktion: Als kompakter Themenaufriss hat sie ihre Berechtigung, zur fundierten Erklärung fehlen ihr Fokus und Tiefe.

Drei von fünf Sternen