Essen. Die Schriftstellerin Isabel Allende, die mit ihrem „Geisterhaus“ 1982 zu Weltruhm gelangte und seit Jahrzehnten in Kalifornien lebt, hat mit Anfang 70 ihren ersten Krimi geschrieben. Ihre Agentin hat sie auf die Idee gebracht, ihr Mann ließ das Projekt aber erst einmal scheitern. Ein Gespräch.
Die Spezialität von Isabel Allende ist seit ihrem Welterfolgs-Debüt mit dem „Geisterhaus“ (1982) die Familiensaga. Auch ihr jüngster auf Deutsch erschienene Roman „Mayas“ Tagebuch lebt von den vielfältigen Verflechtungen einer jungen Amerikanerin, die gerade ihre Drogensucht überwunden hat und in der Einsamkeit einer chilenischen Insel nach sich selbst sucht. Doch nun hat Isabel Allende (71) mit „El juego de Ripper“ (Das Spiel des Rippers) ihren ersten Krimi geschrieben. Auf Deutsch soll das Buch unter dem Titel „Amandas Suche“ im August bei Suhrkamp erscheinen. Jens Dirksen und Daniel García Marco sprachen mit ihr.
Frau Allende, „Mayas Tagebuch“ dreht sich um eine fast noch jugendliche Frau, die Ihre Enkelin sein könnte – und sie kommt sehr authentisch rüber. Wie machen Sie das?
Isabel Allende: Ich habe tatsächlich sehr viel Kontakt zu meinen Nichten und Enkelinnen, Sie glauben gar nicht, was ich da alles mitbekomme...
Aber 17, 18, 19, das ist schon ein sehr spezielles Alter für eine Heldin, oder?
Allende: Und wie! Aber es ist auch ein Segen, bedenken Sie: Dann geht gerade die Pubertät zu Ende! Eine schreckliche Zeit, die Kinder werden unausstehlich! Aber hinterher sind sie die wunderbarsten Menschen der Welt! Im Grunde müsste man die Kinder mit 13, 14 wegsperren und erst mit 18 wieder hervorholen, wenn sie wieder gern in Gesellschaft sind.
Und warum haben Sie jetzt einen Krimi geschrieben?
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Allende: Das war nicht meine Idee, sondern die meiner Agentin, die mir sagte, ich solle mit meinem Mann, William Gordon, der Krimigeschichten verfasst, einen Roman schreiben. Wir beide fingen an, etwas zu planen und es wurde nichts, weil er auf Englisch schreibt und ich auf Spanisch, weil wir sehr unterschiedliche Schreibstile haben und auch eine sehr verschiedene Art zu arbeiten. Es wurde nichts.
Träumen Sie eigentlich auf Englisch oder auf Spanisch? Sie leben ja schon seit Jahrzehnten in den USA, sprechen die Sprache perfekt.
Allende: Naja, so ganz perfekt noch immer nicht. Meistens träume ich auf Spanisch, und ich sage immer: Die bösen Träume sind auf Englisch. Aber das wirklich ist nur ein Witz.
Als US-Staatsbürgerin haben Sie auch gewählt – Obama?
Allende: Ja, Obama. Aber das ist nicht wichtig, das Schlimme in den USA ist, dass der Graben zwischen den politischen Überzeugungen immer tiefer wird, man sollte nicht so fanatisch darauf herumreiten. Die Menschen, die dafür sorgen, dass sich die Positionen immer mehr radikalisieren, sind unverantwortlich. Wir sollten wieder mehr das Gemeinsame betonen – die politischen Schlammschlachten sorgen auch dafür, dass sich junge Menschen angewidert von der Politik abwenden.
Zurück zu Ihrem neuen Buch: Warum ist es dann doch noch fertig geworden?
Allende: Selten habe ich beim Schreiben eines Buchs so viel Spaß gehabt.
Ist es der Humor, mit dem Sie das Genre bereichern wollen?
Allende: Ich bin keine Krimi-Expertin, aber es muss viele Schriftsteller geben, die es auch mit Humor angehen. Als ich 2012 mit dem Schreiben dieses Werks anfing, wusste ich nicht, dass gerade die Bücher der „Millennium“-Saga angesagt waren, weil es nicht die Art von Buch ist, die ich lese. Ich habe dann zwei gelesen, um zu sehen, was dahinter steckt, was das Geheimnis ist. Ich kann ein Buch nicht so schreiben, so brutal, so düster und pessimistisch. Ich beschloss, dass ich das Genre mit Humor und Distanz angehen werde, dass ich mich ein wenig über das Genre lustig mache.
In Ihren Romane ist sehr viel von Ihrer bewegten Familiengeschichte eingegangen. Ist Ihnen das Erfinden lieber als das Berichten?
Allende: Ich bleibe bei der Fiktion, weil sie mir viel mehr Freiheit gibt. Bei Memoiren muss ich mich nicht nur an mein eigenes Leben halten, sondern es kommen weitere Personen dazu, Leute aus meiner Familie. Ich muss sehr respektvoll mit ihren Leben umgehen, weil sie nicht mir gehören. Und wenn ich einen historischen Roman schreibe, muss ich zunächst sehr akkurat recherchieren. Zwar habe ich dann später innerhalb der Fiktion Spielraum, aber wenn es um eine wiedererkennbare Persönlichkeit geht, bin ich festgelegt, muss ich mich eng an das halten, was die Geschichte mir gibt.
Was ist das Erfolgsgeheimnis eines Krimis?
Allende: Der Erfolg ist die planbare Lektüre. Der Leser weiß, dass es eine sichere Formel gibt. Es ist wie in einem Liebesroman, den die Leute in dem Wissen lesen, dass am Ende alles gut wird. Im Krimi weiß man, dass man alle Hinweise bekommt, unterhalten wird und dass am Ende die Gerechtigkeit siegt. (mit dpa)