Santiago de Chile. Ihr „Geisterhaus“ aber wurde ein gut 40 Millionen Mal verkaufter Welterfolg, weil es ein verflixt guter Roman ist. Und sie denkt nicht ans Aufhören, jetzt erscheint Isabel Allendes neuer Roman: ein Frauenschicksal, fantastisch verwoben. Ein Porträt der berühmtesten Schriftstellerin Südamerikas.

Wäre sie nicht die Nichte des 1973 ermordeten chilenischen Präsidenten, Isabel Allende wäre sie so unbekannt geblieben wie viele gute Schriftstellerinnen Südamerikas. Ihr „Geisterhaus“ aber wurde ein gut 40 Millionen Mal verkaufter Welterfolg, weil es ein verflixt guter Roman ist. Und es ist ihr bester, immer noch. Auch wenn heute, einen Tag vor Isabel Allendes 70. Geburtstag, ihr neuer erscheint, der einmal mehr süffiges Lesefutter bietet.

„Mayas Tagebuch“ ist die Geschichte einer 19-Jährigen, die statt der möglichen Fußball- eine Drogenkarriere in Las Vegas eingeschlagen hat, nun aber vor den mordlustigen Schatten ihrer Vergangenheit flieht. Ihr Ziel: eine abgelegene Insel im Süden Chiles, wo sie mit ihren vierfarbigen Haaren und dem Ring in der Nase zwar den Paradiesvogel des Jahres abgibt, aber rundum wohlwollend aufgenommen wird. Maya Vidal wird ein paar ebenso verwinkelte wie seitensprungträchtige Geheimnisse ihrer flächendeckend großen Familie entdecken und zu einem Verwandtschaftspuzzle zusammensetzen. Sie selbst allerdings wird auch entdeckt werden, was in einen letzten, dramatischen Kampf mit einem Killer auf einer Klippe münden wird.

Lebensweg besitzt Romanqualität

Isabel Allende peppt ihre gewohnten Romanzutaten – eine starke Frau, zeit- und ortsübliche Widrigkeiten, ein Geflecht aus amerikanischen Nord-Süd-Verbindungen, ein Hauch Esoterik und lauter heitere Warmherzigkeit – mit ein paar kriminellen Elementen auf. Echter Romanstoff also, nachdem sie sich jüngst noch mit einer Autobiografie beholfen hatte - auf Anraten ihrer Agentin übrigens, der legendären Carmen Balcells in Barcelona, die auch Gabriel García Márquez und Mario Vargas Llosa und überhaupt den Lateinamerika-Boom in den 70ern „gemacht“ hat.

Wobei auch Isabel Allendes Lebensweg durchaus Romanqualitäten hat, zumal sie 1942 nicht in ihrem Heimatland Chile, sondern in der peruanischen Hauptstadt Lima zur Welt kam. Ihr Vater war Diplomat. Die Eltern trennten sich, Isabel kehrte mit Mutter und Geschwistern nach Santiago de Chile zurück, bevor sie mit dem zweiten Mann ihrer Mutter, wiederum ein Diplomat, nach Bolivien und in den Libanon weiterzog.

Briefe an den Großvater: Fundament für „Das Geisterhaus“

Isabel Allende wurde Journalistin, heiratete den Ingenieur Miguel Frías. Nach langen Reisen durch Europa gründete sie mit anderen Chiles erste feministische Zeitschrift „Paula“, arbeitete beim Fernsehen und veröffentlichte Geschichten für Kinder. Nach dem Putsch gegen ihren Onkel Salvador Allende floh sie 1975 nach Venezuela. Von dort schrieb sie Briefe an ihren Großvater, der mit 99 Jahren im Sterben lag. Aus diesen Briefen sollte „Das Geisterhaus“ entstehen.

Heute lebt Allende, die nach der Scheidung von ihrem ersten Mann 1988 den Amerikaner Willie Gordon geheiratet hat, in Kalifornien. Und schreibt Jahr um Jahr ab dem 8. Januar ein neues Buch, nach einem festen Ritual: „Ich bin herrisch, ungebunden, auf meine Sippe fixiert und gehe einer wenig gewöhnlichen Arbeit nach, die erfordert, dass ich die Hälfte meiner Zeit allein, still und abgeschottet verbringe,“ schreibt sie in ihrer Autobiografie.

Die Liebe zur Familie

Und das mit der Sippe ist ernster, als es die zwinkernde Formulierung vermuten lässt: Nicht ihre Bücher sieht Isabel Allende im Rückblick als ihren größten Erfolg an, sondern „die Liebe, die ich mit anderen teile, besonders mit meiner Familie“. Fallen, wieder aufstehen und sich mit ausgleichender Gerechtigkeit zur Not auch übergriffig in die Leben der Nächsten einmischen: Das gilt für Allendes Leben und Werk gleichermaßen.

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