Essen. Kreative könnten verödende Stadtviertel der Region wiederbeleben: Das glauben die Verantwortlichen der Kulturhauptstadt - und wollen die Idee der "Kreativ-Quartiere" jetzt auch bei einer Fachmesse in München präsentieren, um Investoren zu gewinnen. Zum Beispiel fürs Dortmunder U.

Künstlern und Kreativen einen angemessenen Wohn- und Wirkungsraum bieten: Das ist das Anliegen der „Kreativ-Quartiere“. Ein Projekt der Kulturhauptstadt, das Strukturen für ein lebendiges Kulturleben in der Region schaffen soll. „Ohne das Selbstverständnis, dass wir nur als Region außerhalb interessant sind, wird das alles nichts“, sagt Dieter Gorny, bei Ruhr.2010 verantwortlich für die Kreativwirtschaft.

In einer Region, in der die Menschen aus Wattenscheid sagen, sie führen nach Bochum, in der viele Kettwiger „nach Essen fahren“, in der Sterkrader sich nach „Oberhausen“ bewegen, wenn sie den Rhein-Herne-Kanal überqueren, wirkt die Vision einer „Metropole Ruhr“ wie ein vielleicht hehres, aber sehr fernes Ziel. Die Macher der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 sind jedenfalls von der Idee überzeugt. Sie wollen versuchen, im Kulturhauptstadtjahr Strukturen zu schaffen, die die Region aus 53 Kommunen als Kultur- und Wirtschaftsstandort attraktiv werden lassen sollen.

Vom 5. bis 7. Oktober präsentiert die Metropole Ruhr auf der Internationalen Fachmesse für Gewerbeindustrie Expo Real in München mehrere Projekte des Kulturhauptstadtjahres. Die sollen schließlich auch international vermarktet werden. Gorny glaubt, dass das funktionieren kann: „Als ich vor zwei Jahren auf der Expo Real war, fiel mir dieser Stand ,Metropole Ruhr’ auf. Und ich dachte sofort, das ist, was wir hinbekommen müssen: als eine Einheit außerhalb der Region aufzutreten.“

Eines dieser Projekte: die Kreativ-Quartiere. Ungenutzte Immobilien wie alte Industrieflächen, verlassene Wohnungen, leerstehende Läden und Büros sollen zur neuen Heimat für Kreative aus der ganzen Welt werden. Der Gedanke dahinter: Wenn Eigentümer solche Immobilien nicht vermietet bekommen, sind sie vielleicht bereit, sie günstiger abzugeben – und Kreative brauchen Raum, ihre Ideen zu entfalten und umzusetzen. So könnte es zum Beispiel im Areal Dortmunder U, im Ibach-Haus in Schwelm, den Scheidtschen Hallen in Essen und in Unna Massimo funktionieren.

Gorny will Entwicklung anstoßen

Kreativwirtschaft

Zur Kreativwirtschaft zählen zum Beispiel Fotografen, Architekten und Werbe-Agenturen, Designer, bildende Künstler und Musiker, Musik- und Filmproduzenten, aber auch Software-Entwickler. Die Branche wird definiert als eine, die mit Hilfe technologischer, innovativer und wissenschaftlicher Kreativität im Zusammenspiel mit der Kulturwirtschaft - also mit künstlerischen und kulturellen Gütern sowie künstlerischen Ideen - Gewinne erzielen will.

Kreativ-Quartiere:

Projektleitung: Mustafa Tazeoglu

Dieter Gorny sieht dabei das Kulturhauptstadtjahr lediglich als Startschuss für die Region. „Eines muss klar sein: Wir können, wenn wir eine Metropole bauen, zwar im Jahr der Kulturhauptstadt das Richtfest feiern.“ Das werde zwar bestimmt „inhaltlich und künstlerisch“ spannend sein, aber: „Wir müssen eine Entwicklung anstoßen, bei der nach dem Richtfest auch Leute in die Metropole einziehen und die Mieten bezahlen können. Wenn wir der Region eine Zukunft sichern wollen“, sagt Gorny, „muss das auch eine ökonomische sein.“

Die durch Abwanderung gebeutelte Region soll neue Perspektiven bekommen. Den Schlüssel dafür sieht Gorny in der Kreativwirtschaft: „Wir können das nur erfolgreich bewältigen, wenn wir unseren Kulturbegriff ausweiten und die Bereiche einbeziehen, die nicht subventioniert sind. Deshalb finden Sie im Programm der Kulturhauptstadt auch Designer, freie Künstler oder Filmemacher.“ Ziel sei es, die kreative Szene mit möglichen Investoren und Förderern zusammenzuführen und an einen Tisch zu bringen.