Herne. Zum Kulturhauptstadtjahr sollen in der Region weitere kulturelle Milieus nach den Vorbildern Zollverein oder Victoria-Quartier entstehen. In Herne ist dafür ein zehn Kilometer langer Streifen am Rhein-Herne-Kanal im Gespräch. Auch die Künstlerzeche Unser Fritz soll eingebunden werden.

Mit der Entwicklung „Kreativer Quartiere” sollen im Kontext der Kulturhauptstadt 2010 Rahmenbedingungen für die Entstehung kreativer Milieus begünstigt werden. Neben den bisherigen Zentren wie Zeche Zollverein oder VictoriaQuartierBochum sind weitere urbane Entwicklungsräume ins Auge gefasst.

Unter anderem in Herne das „Kreativ.Quartier Am Kanal”. Ein fest umrissenes Gelände gibt es dabei noch nicht, wie der Geschäftsführer der Herner Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) Joachim Grollmann bestätigt. Gedacht sei allgemein an den „Bereich links und rechts vom Kanal”, der auf einer Länge von zehn Kilometern und mit einer Gesamtfläche von 30 000 Quadratmetern auf seine kreative Eroberung warte. „Keimzelle” des Kreativ.Quartiers ist nach Vorstellung der Wirtschaftsförderer das Gebiet rund um die Künstlerzeche Unser Fritz, ohnehin im Kulturhauptstadtjahr mit der neuen Fördermaschinenhalle, Biergarten und Schiffsanleger ein Kristallisationspunkt.

60 bis 80 Unternehmen haben Interesse

„Am Kanal” liegen nach Definition Grollmanns aber auch das Innovationszentrum (IGZ) am Westring, in dem neben der WFG u.a. die Kommunikations-Agentur Go Between angesiedelt ist - ein Unternehmen der Kreativwirtschaft - sowie der zu entwickelnde Gewerbepark an der Forellstraße („Neue Schlosslagen”).

Bei einer ersten Bestandsaufnahme der Branche hat Grollmann in Herne 60 bis 80 Unternehmen ausgemacht, darunter große wie den Verlag Neue Wirtschaftsbriefe (NWB), aber auch Journalistenbüros, Buchhändler und Designer ebenso wie Werbebüros oder die Softwareindustrie. Solche Unternehmen seien nicht nur Wirtschaftsfaktor, sie könnten das „Graue Maus”-Image der Stadt verbessern und als Zulieferer dienen, sagt Grollmann.

Großes städtebauliches Potenzial

„Ein unheimliches städtebauliches Potenzial” sieht Jens Blome an den Ufern des Kanals schlummern. Als Architekt ist Blome selbst Vertreter der Kreativwirtschaft und zugleich Vorsitzender des Fördervereins der Künstlerzeche Unser Fritz. Mit seinen Kanalkilometern erreiche Herne fast die Grachtenlänge in Amsterdam, ein Pfund mit dem man wuchern müsse. Mit der Lichtmanufaktur und Druckereien im Gewerbegebiet Resser Straße fallen ihm auf Anhieb bereits vorhandene „Kreative” in Kanalnähe ein, ganz abgesehen von Künstlern und Grafikern. Den so genannten „benachteiligten Stadtteilen” seien durchaus Reize abzugewinnen, ist Blome überzeugt. Es gelte deshalb „Leute anzusiedeln, die ein Auge dafür haben”. Die Ruhr.2010 könne durch ihre guten Kontakte dabei helfen. Bedingung: „Die Stadt muss die planungsrechtlichen Voraussetzungen schaffen.”

Konkretisieren sollen sich die Vorstellungen vom Krea-tiv.Quartier Am Kanal ab dem 28. Oktober, wenn unter Moderation der Ruhr.2010 die Kulturverwaltung, Planer, Wirtschaftsförderer und Kreative mit Stadtmarketing und Gebäudemanagement beginnen, ein Nutzungs- und Entwicklungskonzept zu erarbeiten. Vorzeigbar müsse 2010 noch nichts sein, sagt Grollmann, die Kulturhauptstadt sei nur „Anlass, das Thema aufzugreifen” und dann mit „langem Atem” zu verfolgen.

Die Kontakte der WFG zu den Kreativen scheinen dabei noch ausbaufähig zu sein. So meldete sich auf den Aufruf zur Teilnahme am Festival „Kreative Klasse Ruhr” Ende September aus Herne kein einziger Interessent, während in Bochum und Essen die Kreativen mit ihren Aktionen ganze Programmheftseiten füllten. Die WFG erklärt das mit einer zu kurzfristigen Planung.