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Sie sind klein, aber fein, die Kulturableger der Öffentlich-Rechtlichen. Doch nun droht ihnen das Ende der Gemütlichkeit. Fest steht: Der Aufbau der digitalen Kanäle von ARD und ZDF kostet Geld. Zudem konkurrieren sie mit anspruchsvollem Programm mit den herkömmlichen Spartensendern Phoenix, Arte und, vor allem, 3sat.
Wer, bitte, kennt Eins-Extra, EinsPlus oder den Einsfestival? Fast niemand. Dasselbe Schicksal teilen BRalpha, der ZDFtheaterkanal und der ZDFinfokanal. Der einzige Sender, der dabei ist, ins Be-wusstsein der Fernsehnation vorzudringen, ist ZDFneo – einer mächtigen Finanzspritze sei Dank.
Das ZDF lässt sich den Aufbau des Senders in diesem Jahr 35 Millionen Euro kosten, davon 29,5 Millionen für den Sendeaufwand. Tatsache ist: Die Mainzelmänner drückten ZDFneo bei seinem Start im November vorigen Jahren mit großem Werbe-Aufwand in den Markt. Zudem will der Digitalkanal mehr als eine Reste-Rampe für abgehangene Ware des Muttersenders sein.
ZDFneo setzt auf US-Hochglanzserien wie „30 Rock“
Vielmehr setzt ZDFneo auf US-Hochglanzserien wie „30 Rock“ und, mehr noch, auf Eigenproduktionen. Allein in diesem Monat klingelte der Sender drei neue Formate an:
Christian Ulmen und Wilfried Hochholdinger treten demnächst als Serien-Täter bei ZDFneo auf; „die Snobs“ (Titel) stehen für Comedy. Die US-Kabarettistin Gayle Tufts wirft einen launigen Blick auf die Republik: „Deutschland für Anfänger“. Ferner ist eine Reportage über das Frankfurter Bahnhofsviertel in Arbeit.
Der Aufwand hat seinen Grund. Das ZDF will den Nachwuchs erbringen, allem Schmäh zum Trotz auch die Fernsehjugend zu erreichen. Die Rechnung geht übrigens auf: Der Altersschnitt der Zuschauer liegt bei 51 – und damit deutlich unter dem von ARD und ZDF.
Der Aufwand hat allerdings einen Preis. Laut ZDF-Sprecher Walter Kehr muss für ZDFneo an anderer Stelle ge-spart werden – und sei es durch Zusammenlegung von Redaktionen. Das betrifft nicht nur ZDFneo, sondern stärker noch den geplanten ZDFkulturkanal, der möglicherweise bereits 2011 auf Sendung geht. ZDF-Sprecher Kehr zu dieser Zeitung: „Ein Teil des direkten ZDF-Budgets ist für dieses Haushaltsjahr von 3sat auf den Kulturkanal (bislang ZDFtheaterkanal) übertragen worden.“ Kehr weiter: „Das heißt aber nicht, dass das 3sat-Programm dadurch geschwächt wird.“
Gottfried Langenstein, Chef von 3sat und Arte, macht im Gespräch mit dieser Zeitung gute Miene zum bösen Spiel: „Ich glaube nicht, dass das ZDF ein Interesse daran hat, 3sat vom Markt zu nehmen.“ Und: „Es ist ein sehr gutes und sehr gut gebautes Programm aus drei Ländern. Deswegen halte ich 3sat nach wie vor für ein sehr kreatives und sehr kostengünstiges Modell.“
Mag sein. Und dennoch gibt es Grund zur Sorge: Im ersten Halbjahr dieses Jahres bröckelten die Quoten der kleinen Öffentlich-Rechtlichen. Arte kam noch glimpflich davon; der Sender dümpelt bei einem Marktanteil von 0,86 Prozent. Phoenix rutschte mit einem Minus von 0,1 Prozentpunkten im Vergleich zum ersten Halbjahr 2009 unter die Ein-Prozent-Marke. Und 3sat verlor gleich 0,2 Punkte. Der Wissenssender erreicht derzeit noch 0,9 Prozent des Gesamtpublikums.
Gemeinde übersichtlich
Offiziell führen die kleinen Sender das mäßige Ergebnis – Olympia hin, Fußball-Weltmeisterschaft her – auf die starke Sport-Konkurrenz zurück, zumal ZDFneo mit einem Marktanteil von 0,2 Prozent eine noch sehr überschaubare Gemeinde bedient.
Was aber passiert, wenn sich die Marke etabliert hat? Und was passiert, wenn das ZDF den Kulturkanal bewirbt? Und schließlich: Macht die digitale Revolution letzten Endes die gebührenfinanzierten Kleinsender überflüssig? Antworten mag noch keiner geben. Was bleibt, sind bange Fragen.