Essen. Fledermaus und Csardasfürstin: Eine Gala stellt die Schönheit der Operette ins Zentrum. Samstag war Premiere in Essen.

Ja ist denn schon wieder Silvester? Zu den Klängen der Fledermaus-Ouvertüre drehen sich drei Paare des Aalto-Balletts im klassischen Spitzentanz. Die Sängerinnen tragen glamouröse Kleider, und auch die Bühne des Aalto-Theaters hat sich für diese Operettengala in Schale geworfen: rote Samtvorhänge, Kristallleuchter wie aus den Sechzigern, an der Rückwand ein Tizian nachempfundenes Monumentalgemälde.

Operettengala im Aalto-Theater Essen feierte Premiere

Die Premiere mit dem Titel „Einmal möcht‘ ich was Närrisches tun!“ soll laut Aalto-Theater den Frühling einläuten, fühlt sich aber nach Jahresende an. Gab womöglich der Wunsch nach hohen Auslastungszahlen den Ausschlag für die Gala? Dann wäre die Rechnung nicht ganz aufgegangen, denn im Parkett bleiben nicht nur vereinzelt Plätze leer.

Schön wie in Wien: In der Operettengala „EINMAL MÖCHT’ ICH WAS NÄRRISCHES TUN!“ gibt es sogar klassisches Ballett zu bestaunen. Unser Bild zeigt 
Tänzerinnen und Tänzer des Aalto-Balletts.
Schön wie in Wien: In der Operettengala „EINMAL MÖCHT’ ICH WAS NÄRRISCHES TUN!“ gibt es sogar klassisches Ballett zu bestaunen. Unser Bild zeigt Tänzerinnen und Tänzer des Aalto-Balletts. © TuP Essen | Volker Wiciok

Streng betrachtet gleicht die Abfolge bekannter Ohrwürmer von Lehár, Kálmán, Strauß, Millöcker, Dostal und Zeller einer „Greatest Hits“-Parade für Nostalgiker. Das hat samt roter Rosen, Geigensoli und Liebesduetten einen Charme, der altmodisch genannt werden kann, zugleich aber mit diesem Wesenszug spielt. Auf Mottenkugeln rutscht hier niemand aus: Daran hat die Moderation der Mezzosopranistin Bettina Ranch einen großen Anteil.

Bettina Ranch moderiert Operetten-Gala, Publikum klatsch mit

Die bleibt angenehm bündig, beherrscht Untertöne trockener Ironie ebenso wie die theatralische Pose. Treffsicher findet sie damit die Mittel, die der Sentimentalisierung des Wiener Operettentons durch Lehár und Kálmán entgegenwirken. Zudem lässt Marijke Malitius, die den Abend szenisch einstudiert hat, die Solistinnen und Solisten oft quirlig in die Moderation hineinplatzen. Das Wort wird vom Gesang gekapert.

Musikalisch darf die Operette, heutzutage leider oft zweit- bis drittklassig besetzt, hier aufblühen. Die Essener Philharmoniker wurden zu viele Jahre von dem passionierten Österreich-Ungarn Stefan Soltesz geprägt, um sich nicht auf Schmiss und Schmäh zu verstehen. Unter der Leitung von Tommaso Turchetta klingt Champagnerlaune an, und Ungarismen zünden feurig durch.

Für die schönen Leistungen von Chor und Ensemble seien einige Beispiele genannt: die seidig schimmernden Piano-Höhen von Lisa Wittig in Lehárs „Vilja-Lied“, das überbordende komödiantische Talent des Bassisten Sebastian Pilgrim, der lyrische Tenorschmelz von George Virban und Aljoscha Lennert. Emmerich Kálmáns „Csárdásfürstin“ führt zu Klatschmärschen, erinnert zudem daran, dass die Operette mehr ist als heiteres Tralala: „Weißt du, wie lange noch der Globus sich dreht? Ob es morgen nicht schon zu spät?“

Weitere Vorstellungen: 31. März, 18. April, 28. Juni. www.theater-essen.de