Dortmund. Plüsch und Parodie: Dortmund bittet zur Opern- und Operettengala. Neben starken Sängern glänzt Götz Alsmann als Moderator in „Roaring Oper(ett)a“.

Ein so netter Abend darf wohl ein bisschen Etikettenschwindelei betreiben. Mit „Roaring Oper(ett)a“ bittet Dortmund seit Samstag zur großen Gala. Frei übersetzt heißt das „Wilde Oper(ette)“. Alles lässt sich sagen über das charmante Sängerensemble und Dortmunds Philharmoniker, mit denen Motonori Kobayashi bei der Premiere filigran Unterhaltungsdekor der 1920er auskolorierte und das deutlich schwerere Blut Puccinis fließen ließ. Nur wild war die szenische Lösung Alexander Beckers ganz sicher nicht. Ein paar Rosen hier, ein Duett auf Samt da, ein Walzerschritt – passgenau für ein amüsierbereites Publikum, das sich am Ende jubelnd von den Sitzen erhob.

Fürs Aufmüpfige aber ist ein Einziger zur Stelle, Tempotexter mit zuverlässigst steilem Haarbürzel: Götz Alsmann. Und was er auf Dortmunds Opernbühne treibt, ist herrlich, ist Kabarett und kundiger Ausflug ins Reich von Kálmán und Puccini, von Lehár und Korngold. Es ist Alsmanns Verdienst, das sich dem Genre-Plüsch die pointensichere Parodie hinzugesellt. Während also „Lippen schweigen“ (oder/und „so heiß“ küssen), während Tenöre „immer nur lächeln“ oder von „Zwei Märchenaugen“ schwärmen, setzen wir uns bei Alsmanns Mitte der 1960er an den Frühstückstisch, wo auch die Operette ihren Plattenspielerplatz hat. „Was ist ein Séparée“ fragt Götz. Der Vater: „Ein Raum, den man von innen abschließen kann!“ Das Wort fällt in „Victoria und ihr Husar“.

Premiere von „Roaring Oper(ett)a in Dortmund: Götz Alsmann begeistert als Moderator

Alsmann greift zur Ukulele, ohne Orchester, ein Opernsänger ganz bestimmt nicht, aber was dieses Genie eines Entertainers aus einem Blödel-Duett herauskitzelt, ist schlichtweg die reine Wonne in aller Doppel- bis Dreifachbödigkeit. Weitere Moderationsgipfel erklimmt Alsmann per Nonsens („Apropos Korngold: Kommen wir zu etwas völlig anderem!“), dritte zwerchfellerschütternd respektlos: „Robert Stolz, der einzige Komponist, der mit 92 noch einen Zehnjahresvertrage bei Polydor unterschrieb“.

Der Abend hat große Sängermomente, die besten haben ihre Wurzeln in Korea. Anna Sohns „Butterfly“-Solo „Un bel di vedremo“ gerät anrührend emotional, Sungho Kim, der neue Tenor im Ensemble, mag in Piano-Kultur noch dazulernen, seine heldische Attacke ist bei Lehár („Land des Lächelns“) wie Puccini („Gianni Schicchi“) so imposant wie klangschön. Kaum weniger gefeiert: Tanja Kuhn, Mirko Roschkowski, Fritz Steinbacher und der merklich lustvoll agierende Chor.

Wer Karten für „Roaring Oper(ett)a“ will, muss sich beeilen

Gefühlt ist das eine Gala, die in einer ausgesprochen trüben Zeit genossen wird wie ein Zaubertrank. Wer ihn noch kosten will, muss sich ranhalten: Die Vorstellung am 29.1 ist nahezu ausverkauft, mehr Karten (16-52€) gibt es aber noch für den 3. Februar, Tel. 0231-50 27 222.