Essen. Der Pianist Kai Schumacher legt mit „Tranceformer“ sein neues Soloalbum vor. Wie er damit zwei unterschiedliche Arten von Musikhörern anspricht.
Sein neues Machwerk hat er ganz passend benannt. „Tranceformer“ heißt das Soloalbum des Duisburger Pianisten Kai Schumacher, ein Wortspiel aus „Transformer“ (der, der sich verändert) und, naja, „Trance“ eben. Ein Transformer ist Schumacher sowieso schon lange: Obwohl er klassisch ausgebildet ist, hat er Klangexperimente zu seinem Markenzeichen gemacht, ständige Veränderung also. Und wenn es darum geht, Hörer musikalisch in Trance zu versetzen, ist Kai Schumachers geliebte Minimal-Musik prädestiniert dazu.
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Knappe 40 Minuten lang ist das Werk, mit sechs Titeln, die aber auch genau so gut sechs Sätze eines Stückes sein könnten. In Tempo, Harmonik und Gefühl unterscheiden sich die Nummern, in ihrer Natur sind sie sich ähnlich – und das macht das Album besonders interessant für zwei ganz bestimmte Typen von Musikhörern.
Kai Schumachers „Tranceformer“: Musik für Träumer
Zum einen nämlich für alle, die gerne bildlich hören, nennen wir sie „Träumer“. Denn Schumachers Musik klingt wie Filmmusik, der bloß noch der Film fehlt. Das heißt, so richtig fehlt er nicht, denn den Film macht sich der Träumer ja im Kopf. Beim Spazierengehen etwa, beim Autofahren, beim Aus-dem-Fenster-gucken. Egal ob im elegischen „Static“, im hektischen „Continuum“ oder im tänzerischen „Tranceformer“, streng genommen passiert musikalisch nicht viel, und eben das schafft Raum zum Träumen.
Kurze, simple Klaviermelodien, durch Dynamik, Tonhöhe und Phrasierung deutlich voneinander zu unterscheiden, greifen ineinander, letztlich also die Quintessenz der Minimal-Musik. Die Redewendung vom Werk, das mehr ist als die Summe seiner Teile, passt hervorragend. Der Puls der Musik lullt angenehm ein, wenig Akkordwechsel, ein Tongeschlecht wird mantra-artig in die Ohren des Hörers gehämmert – wer nicht möchte, muss nicht denken, nur fühlen.
Auch das ist Kai Schumachers „Tranceformer“: Musik für Analytiker
Allerdings: Wer denken möchte, kann auch. Das wäre dann der zweite Hörer-Typ, er könnte „Analytiker“ heißen. Denn was den Träumer einlullt, die ständigen Wiederholungen, das nahtlose Ineinandergreifen der einzelnen Stimmen – das kann, wer Spaß daran hat, auch mit Genuss auseinanderfriemeln.
Wie bereitet Kai Schumacher die Akkordwechsel vor? Wie verschieben sich die einzelnen Stimmen ineinander, um neue Melodien zu spielen, obwohl sich an den einzelnen Phrasen nichts ändert? Diese sogenannte Phasenverschiebung sorgt dafür, dass das Album für denjenigen, der wirklich alles hören will, viel länger ist als 40 Minuten. Beim ersten Mal eher auf die linke Hand hören, beim zweiten Mal eher auf die höheren Stimmen, die einer klassischen Melodiestimme am nächsten kommen – alles möglich, wenn man die Muße dazu hat.
Nicht unerwähnt sei, dass Kai Schumacher ein hervorragender Pianist ist. Klar, mit Minimal-Musik kann man nicht so schön angeben wie etwa mit einer Ligeti-Etüde. Das hat Schumacher aber auch gar nicht nötig. Vielleicht gilt für Minimal-Musik dasselbe, was Jimi Hendrix mal über den Blues gesagt haben soll: Leicht zu spielen, schwer zu fühlen.
Und wer sich das Ganze einmal live anhören möchte: Am Samstag, 14. Oktober, spielt Kai Schumacher „Tranceformer“ um 20 Uhr im Ebertbad Oberhausen.