Essen. Vorbild für Tausende Gitarristen – aber ein unsteter Geist, der es nie lange aushielt, mit anderen Musik zu machen: Jeff Beck starb mit 78 Jahren.

Zuletzt hatte er sich mit dem gerne auch mal musizierenden Hollywood-Star Johnny Depp zusammengetan. Sie kannten sich vom gemeinsamen Autoschrauben, beide liebten alte Autos, beide liebten alte Gitarren. Doch nur Jeff Beck war derjenige, der sein Instrument zum Singen bringen konnte, wie kein anderer auf diesem Planeten. Nun ist der exzentrische Brite für immer verstummt. Der Gitarrengott starb im Alter von 78 Jahren plötzlich an bakterieller Meningitis, teilte seine Familie mit.

Seit den 1960er-Jahren war der Recke eine Instanz in der Welt des Rock. Seine in einem Londoner Vorort lebende Mutter hatte Geoffrey Arnold Beck, wie er eigentlich hieß, noch zum Klavierspiel bringen wollen. Doch Beck war so fasziniert von frühen Helden des Rock’n’Roll, wie Chuck Berry, dass er sich zunächst aus Zigarrenkisten sein erstes Instrument bastelte.

Nachfolger von Eric Clapton bei den „Yardbirds“

Es war der Beginn einer traumhaften Karriere, die ihn als Nachfolger von Eric Clapton schnell zu den „Yardbirds“ führte – bis er sich mit dieser Truppe überwarf.

Das Unberechenbare, das Unstete blieb diesem Genie treu. Nie hielt er es lange in irgendeiner Konstellation aus. Nie war vorhersehbar, welchem Genre oder welchem Partner er sich bei der nächsten Veröffentlichung zuwenden würde. Daher wird er eher in Erinnerung bleiben als ein begnadeter Wanderer, der sich nicht eingrenzen ließ.

Mick Jagger, Jimmy Page, Gene Simmons, Patti Smith – alle trauern um Jeff Beck

Jeff Beck während eines Konzerts zur Krebsbekämpfung im HMV Hammersmith Apollo.
Jeff Beck während eines Konzerts zur Krebsbekämpfung im HMV Hammersmith Apollo. © dpa | Yui Mok

Bereits kurz nach Bekanntgabe von Becks Tod zollten zahlreiche Rock- und Popstarts dem einstigen Mitglied der berühmten britischen Band The Yardbirds Tribut. Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger rühmte den Verstorbenen als „einen der größten Gitarrenspieler der Welt“. Jimmy Page - ebenfalls ein Rockgitarrist mit Legendenstatus - pries Becks „einzigartige Technik“ sowie „offenbar grenzenlose Imagination“. „Niemand spielte Gitarre wie Jeff“, konstatierte der Sänger der Band Kiss, Gene Simmons. Die Punk-Poetin Patti Smith beschrieb Beck als „quecksilberhaft, innovativ, unmöglich zu kategorisieren“. Sie nannte ihn „einen der Meister meiner Generation“. „Er war unnachahmlich, unersetzlich – der absolute Gipfel des Gitarrenspiels“, schrieb Queen-Gitarrist Brian May. Beck habe „einen starken Einfluss auf mich und viele andere“ gehabt, twitterte Ex-Genesis-Gitarrist Steve Hackett. Aerosmith-Gitarrist Joe Perry betonte: „Jeff Beck war der Salvador Dali der Gitarre. Ihn spielen zu sehen, war, den ultimativen sechssaitigen Alchemisten zu hören, der Magie in einer eigenen Welt erschafft.“ Tony Iommi von Black Sabbath lobte Beck als „außergewöhnliche Ikone, genialen Gitarristen“. Es werde nie wieder einen Musiker wie ihn geben.

Beck wirkte bei vielen Alben anderer berühmter Musiker mit - so stellte er seine Künste etwa Roger Waters, Tina Turner und Jon Bon Jovi zur Verfügung. Alle Kenner hätten ihn „geliebt“, twitterte Paul Young. Er war der „Gitarrist der Gitarristen“.

Zusammenspiel mit Rod Stewart mit „People Get Ready“

I

Jeff Beck (l) und Johnny Depp.
Jeff Beck (l) und Johnny Depp. © dpa | Raph Pour-Hashemi

n Jeff Becks Musik war viel Blues als Grundierung, aber auch Jazz und Funk und teilweise servierte er seinen Verehrern sehr abgedrehtes Zeug. Am bekanntesten dürfte dem breiten Publikum seine Kooperation mit Rod Stewart sein, mit dem er den Gospelsong „People Get Ready“ aus der Feder von Curtis Mayfield 1985 auf wunderbare Weise und hitparadenträchtig zu neuem Leben erweckte.

Wer Jeff Beck jemals auf der Bühne erleben durfte, wird sich an einen Gitarrenton erinnern, der unter die Haut geht, der unverwechselbar ist. Ein ganz eigener Klangkosmos eröffnet sich da, auch live: Du hörst nur einen Ton und weißt sofort, wer da zaubert. Beck selber sagte einmal über seinen Antrieb: „Ich machte die seltsamsten Geräusche, die ich konnte. Darum geht es doch, oder?“ Regeln seien ihm egal. „Wenn ich nicht in jedem Song mindestens zehn Mal die Regeln breche, habe ich meinen Job nicht anständig erledigt.“ Trotz immenser Verzerrung war immer warm und cremig, was er seiner gerne genutzten weißen Fender Stratocaster entlockte. Und es war gar nicht mal immer rasendes Tempo erforderlich: Jeff Beck war auch in der Lage, mit kleinsten melodiösen Phrasen zu verzaubern. Wie er das machte, bleibt sein letztes Geheimnis.