Essen. In ihrem Drama „Past Lives – In einem anderen Leben“ erzählt Filmemacherin Celine Song eine eigenwillige Liebesgeschichte. Ein berührendes Debüt.

Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass sich Menschen, die sich besonders gut verstehen, aus einem früheren Leben kennen. Young Na (Greta Lee) jedenfalls ist von der Macht des Schicksals, des „in-yun“ überzeugt. In ihrer Kindheit in Seoul ist sie mit Hae Sung (Teo Yoo) befreundet. Die beiden wollen für immer zusammenbleiben. Aber die Zeiten ändern sich.

Mit „Past Lives – In einem anderen Leben“ legt die südkoreanisch-kanadische Filmemacherin Celine Song ihr Kinodebüt vor, eine Geschichte mit autobiografischen Zügen. Ein ruhiger Film in drei esoterisch angehauchten Episoden, in denen es um Fügung geht, aber auch um Mut zu eigenen Wegen.

Wer gehört zu wem?

Es beginnt nachts in einer Bar in New York. Gläsergeklimper, chillige Atmosphäre, drei junge Leute sitzen an einem Tisch, eine Frau, zwei Männer. Aber wer gehört zu wem?

Rückblende: Zwei Kinder in Südkorea, beide um die zwölf. Hae Sung und Young Na, die sich Nora nennt, sind ständig zusammen. Sie spielen im Park, schlafen Schulter an Schulter ein. Wenn sie weinen muss, tröstet er sie. Eine junge Liebe, verspielt und unschuldig. Als Noras Eltern nach Kanada auswandern, heißt es Abschied nehmen. Erst zwölf Jahre später sehen die zwei sich im Chat wieder, Hae Sung hat seine beste Freundin via Facebook aufgetrieben. Sie halten den Kontakt aus der Ferne, knüpfen an alte Zeiten an. Dann lernt Nora in einem Künstlercamp den Amerikaner Arthur (John Magaro) kennen.

Dialoge in Echtzeit am Computer

Celine Song erzählt ihre Dreiecksgeschichte mit viel Poesie und aller Zeit der Welt, unterlegt mit ruhigen meditativen Klängen. Die Kamera blickt lang auf die sich teilenden Wege der Kinder vor Noras Haustür, setzt die Straßen von Seoul in Szene, schaut in die Natur, in den Himmel, in den Regen.

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Auch die Dialoge am Computer laufen in Echtzeit ab, Gespräche, Gesichter, sonst nichts. Kurz und gut: Wer ständig Action braucht, wird bei „Past Lives“ zappelig werden. Romantische Seelen aber werden bestens bedient. Dafür sorgen schon die Hauptdarsteller, die sonnige, selbstbewusste Nora und der ernste, in sich gekehrte Hae Sung. Die beiden spielen die Entwicklung durch die Jahre kongenial, selten sah man authentischeres Kino. Dabei ist der Buddhismus allgegenwärtig, kommt jedoch in westlich-moderaten Dosen daher.

Am Ende fällt Nora eine Entscheidung

Am Schluss sitzen wieder die drei jungen Leute in der Bar in New York. Und Nora trifft eine Entscheidung. Das Ende einer etwas anderen Liebesgeschichte, die gleichermaßen von erfüllten und verpassten Chancen erzählt, verträumt, klug, zutiefst berührend.